Dresdner SC – SC Borea Dresden 0:4

15.08.2021

Heinz-Steyer-Stadion

Landesklasse Sachsen-Ost

Zuschauer: 465 (ca. 40 Gäste)

 

 

 

Kurz vor der Grenze wurde noch kurz an einer Tanke gestoppt, wo ich schlichtweg zu faul war, auszusteigen, auch wenn der Sprit fast 10 Cent pro Liter günstiger war, als in der BRD. Zumindest erkannte Gerrit den deutlichen Preisvorteil und kaufte sich eine Stange Zigaretten.

In Dresden am altehrwürdigen Heinz-Steyer-Stadion angekommen bietet das Stadionumfeld reichlich Parkmöglichkeiten, obwohl es von der Lage her doch recht zentral gelegen ist. Da noch eine knappe Stunde bis Spielbeginn war, spazierte ich noch ein wenig die in wurfweite befindliche Elbe stromaufwärts, begutachtete das ein oder andere großformatige Dynamo-Graffiti, während es den Gerrit zeitnah ins Stadion zog, von wo er mir via WhatsApp von der Anwesenheit der ein oder anderen mehr oder minder bekannten Gestalt der Szene berichten konnte, sodass auch ich kurz vor Anpfiff für 3,50 € das Stadion betrat, um mir dieses Spektakel einmal anzusehen. 

Das Heinz-Steyer-Stadion ist zumindest eine wahre Augenweide. Ende 1919 eröffnet und neun Jahre später auf ein Fassungsvermögen von 65.000 ausgebaut. Im Laufe der Jahre fanden immer wieder Renovierungsarbeiten statt, allein die monströse Anzeigetafel war sicherlich seiner Zeit was ganz was Feines. Neben Fußballspielen (der Zuschauerrekord von 61.000 Visitors datiert aus dem Jahre 1935 und ergab sich beim Fußball-Länderspiel gegen die Tschechoslowakei) wurde das Stadion zu Zeiten der DDR wesentlich für Leichtathletikwettkämpfe genutzt. Die zugelassene Zuschauerzahl ist im Jahre 2021 natürlich mit knapp 5.000 Zugelassenen stark begrenzt, reicht aber im Normalfall völlig aus. Dass der Dresdner SC hinter der SG Dynamo mit großem Abstand allenfalls die Nummer zwei der Stadt ist, weiß auch wohl jeder ohne großen Fußballsachverstand. Jeglicher Versuch in der Vergangenheit, sich die Vormachtstellung in Elbflorenz zu sichern, scheitete kläglich und wurde spätestens im September 2002 beim Krawall-Stadtderby ein für alle Mal im Keim erstickt. Wer dieses Stadion noch in diesem Zustand besuchen möchte, sollte sich übrigens stark beeilen. Genau genommen bleibt nur noch ein Spiel, und zwar das Heimspiel am 12. September, ehe Bagger das Areal hier gehörig auf links ziehen werden.

Trotz jeglicher Vormachtstellung  der SG Dynamo hält auch hier ein kleiner Kern Aktiver die Fankultur am Leben und das sogar stärker als erwartet. Die Fanszene des DSC ist merklich linkspolitisch eingestellt, der ein oder andere Punk alter Schule läuft einem im Stadion über den Weg und von der altehrwürdigen Tribüne herab supportet ein etwa 30-köpfiger Haufen mit Spaß, guter Laune und ohne sich allzu ernst zu nehmen, verbunden mit einer Prise Selbstironie und politischer Message das Team. Den Schlachtruf „Nordkorea ist ein Arbeiterstaat, der das Recht auf Atomwaffen hat. Heja, Heja Nordkorea“ kannte ich so zumindest auch noch nicht und gilt nur als Beispiel für den ein oder anderen bis dato unbekannten Chant.

Damit nicht genug, auch das Team von Borea Dresden wird von einer Handvoll Leuten gelegentlich akustisch unterstützt, dabei gibt es sogar zwei Spruchbänder mithilfe derer man u.a. den in letzter Zeit Verstorbenen aus Verein und Umfeld gedenkt. Ganz besonders im Fokus, weil besonders tragisch, stand in  diesem Zusammenhang das Gedenken an Borea-Vereinslegende, Sportdirektor und Torwarttrainer Elvir Jugo, welcher als vierfacher Familienvater im Alter von nur 42 Jahren einem Krebsleiden zum Opfer gefallen ist. Fürchterlich und der Klos im Hals hält bei sowas immer eine ganze Weile an und lässt einem erst bewusst werden, dass nichts im Leben wichtiger ist, als gesund zu sein.

Insgesamt alles sehr sympathisch und recht familiär hier, aber einen dicken Kritikpunkt gibt es trotzdem. Der gesamte Mob muss hier mittels ganzer zwei Zapfhähne seinen Bierdurst stillen, der Typ der selbige bedient, ist dabei nicht gerade der schnellste und faselt nebenbei noch etwas von technischen Probleme an der Zapfanlage. Zudem muss für den Wurstkauf sinnloserweise an selbigem Tresen zunächst eine Art Voucher gekauft werden, um damit dann zum Wurststand zu dackeln.

Das nervt ja alles ziemlich und so kam es, dass ich tatsächlich fast die komplette erste Hälfte in einer Schlange stand, in der es nur äußerst schleppend voran ging und aus der heraus ich nur einen Bruchteil des Spielfeldes einsehen konnte, da sich der Bierausschank natürlich nicht unter freiem Himmel befindet, sondern im Bauch der wunderschönen Haupttribüne. Naja, immerhin gibt’s dafür keine 0815-Plörre, sondern Craft-Beer. Nen dicken Hals hatte ich trotzdem.

Ansonsten handelt es sich beim Heinz-Steyer-Stadion natürlich um ein wunderschönes Oldschool-Stadion. Besondere Blickfänge bilden die monströse Hintertorseite inklusive riesiger (offenbar defekter) Anzeigetafel sowie die alte Haupttribüne, in deren Hintergrund sich das ehemalige Fabrikgebäude der Tabakfabrik Yenidze, von dem ich bis zum heutigen Tag immer dachte, es handele sich um eine Moschee, schmiegt.  

Oh Hilfe, so viel Dummheit gehört bestraft, am besten direkt auf dem Rückweg ins Emsland, denn dieser war  - um es vorsichtig auszudrücken – recht hart. Zeigte das Navi kurz nach Abfahrt eine überaus optimistische Ankunftszeit von 21:46 Uhr, so schnell war klar, dass dies wohl eher ins Reich der Märchen und Mythologien gehört. Kaum auf die A4 gefahren, zack, Stau. Halbe Stunde weg und insgesamt sehr viel Volk unterwegs. Die Sommerferien in NRW gehen in wenigen Tage zuende, was deutlich zu erkennen ist. Auf Höhe Braunschweig dann nochmals ein fetter Stau nach nem Unfall inkl. 1,5 Stunden Zeitverlust. Das Unterfangen, diesen über Peine zu umfahren, brachte auch keinen sonderlich erwähnenswerten Vorteil, aber ich fahre lieber über Landes- und Bundesstraßen anstatt irgendwo festzustecken. Die Heimatstadt fest im Visier wurde im Rausch dem Gerrit dann auch nur eine klitzekleine Raucherpause zugestanden, welches er ehrenvoll und ohne Klagen so respektierte. Besten Dank dafür! 😊.

Ein starker Regenschauer bei völliger Dunkelheit und kaum Sicht in Höhe Osnabrück (wo sonst?) war dann nur das I-Tüpfelchen auf das strapazierte Nervenkostüm. Dennoch schaffte man es sicher zu Mitternacht wieder ins schöne Meppen, wo man sich recht fertig vom Gerrit verabschiedete, welcher noch die restlichen Kilometer ins nördliche Emsland alleine absolvieren musste.

 

Gute Nacht, Leute!