Galatasaray SK - Fenerbahce SK 0:1
28.03.2010
Ali-Sami-Yen-Stadyumu
Süper Lig
Zuschauer: 23.785 (ca. 1.200 Gäste)


Der diesjährige Osterurlaub wurde zusammen mit meiner Freundin eine Woche lang in der europäischen Kulturhauptstadt 2010 Istanbul verbracht; unter anderem mit dem Hintergrund mir hier die Kurzsichtigkeit weglasern zu lassen (was übrigens problemlos klappte zu einem Viertel des Preises, den ich in Deutschland bezahlt hätte).

Via Hamburg ging es also gen Stadt am Bosporus, deren gewaltiges Ausmaß bereits beim geilen Landeanflug im Sonnenuntergang zu erahnen war. Offiziell leben in der größten Stadt Europas rund 14 Millionen Menschen, inoffiziell schätz man nochmal ca. Zwei- bis Dreimillionen mehr. Vom äußersten westlichen bis zum östlichsten Zipfel sind es rund 230 km. Interessant vielleicht noch, dass die Stadt 1945 lediglich eine Million Einwohner zählte und bis heute hin rasant wächst. Jedes Jahr um rund 500.000 Einwohner mehr. Vom Sahiba Gökcen Airport auf der asiatischen Seite sind es rund 50 km bis ins Zentrum und am kostengünstigsten sind sicherlich die HAVAS Busse, die einen für 13 türkische Lira (1 TL = 0,50 Euro) dort hin bringen. Alternativ bieten sich noch diverse Sammeltaxen an, die mit 30 TL etwas teurer sind, dafür aber direkt vors Hotel fahren. Die Anfahrt selbst kann dabei etwas zeitraubend sein, da in Istanbul zu jeder Tages- und Nachtzeit das totale Verkehrschaos herrscht. Besonders auf der Bosporusbrücke, die den asiatischen Teil mit dem europäischen verbindet, stockt der Verkehr häufig, dazwischen turnen dann immer wieder Leute herum, die den Autofahrern allerlei sinnloses Zeug (Seifenblasenmaschinen usw.) verkaufen wollen. Irgendwann war jedenfalls das Hotel erreicht und der Tag für beendet erklärt.

Am nächsten Tag war dann Derbytag, wobei ursprünglich noch ein Drittligakick am Nachmittag geplant war, der aber zu meiner großen Verwunderung schon am Abend zuvor stattfand, obwohl er drei Tage vorher noch für den heutigen Sonntag terminiert war. Egal, wurde also geknickt, ich hatte der Freundin eh versprochen, hier keine "Hoppingwoche" zu veranstalten, sondern es bei einem Tag zu belassen (zumal sich unter der Woche sowieso nichts anbot und Besiktas schon am Vorabend spielte).

Schon am Vormittag wimmelte es im Zentrum rund um den Taksimplatz von Menschen in den Farben Galatasarays und ca. vier Stunden vor Kick-Off begaben wir uns via Metro zur Station Sisli, von wo aus es noch knappe zehn Fußminuten zum Ali Sami Yen Stadion sind. Hier bereits jetzt die Hölle los, denn Unmengen von Gala-Fans tummelten sich in den Caffees, Restaurants und engen Gassen. Ich selbst konnte nach einigem Umherfragen (übrigens super nett, gastfreundlich und hilfsbereit alle Türken hier, das änderte sich auch im Verlauf der ganzen Woche nicht) auch die Sache mit der Kartenreservierung klären und trieb mich so ca. drei Stunden vor Anstoß schon zusammen mit meiner Freundin im Stadion umher und unterhielt sich hier und da mit einigen Einheimischen über deutschen und türkischen Fußball. Die Tage dieses Grounds sind übrigens auch leider gezählt. Galatasaray ist bereits dabei, ein modernes Stadion nach dem Vorbild der Arena in Gelsenkirchen zu bauen und wird spätestens zur Saison 2011/2012 hierhin wechseln.

Zur sportlichen Situation vor diesem Match: Acht Spieltage vor Saisonende können noch die drei großen Istanbuler Clubs auf die Meisterschaft hoffen, wobei allerdings das Überraschungsteam aus Bursa derzeit die Tabelle anführt und mit einer jungen, erfolgshungrigen Mannschaft die Liga aufmischt. Der Sieger aus der heutigen Partie springt wieder auf Tabellenplatz Zwei, dementsprechend hoch auch die Spannung der Fans auf beiden Seiten. Laut einem Einheimischen wurden die Tickets zu Schwarzmarktpreisen von 400-500 Lira gehandelt (wobei ich selbst kaum so etwas wie Schwarzmarkt ausmachen konnte). Zu Anpfiff dann der nette weil individuelle Ground bis auf den letzten Platz gefüllt und rund 1.200 Fenerbahce Fans im Gästeblock. Stimmungsmäßig natürlich kein Vergleich zu Deutschland, gerade weil es hier keinen zentralen Fanblock gibt, sondern sich sowohl hinter den beiden Toren sowie auf der Gegengeraden Stimmungsherde befinden. Dazu wird der Zuschauer nicht vor dem Spiel mit Werbung oder sonstigen Unfug malträtiert, sondern es wird den Fangruppen Raum gelassen sich warm zu singen. Am aktivsten erschien dabei noch der Bereich in der Nähe des Gästeblocks, der zu Spielbeginn das Konterfei des vor wenigen Tagen verstorbenen langjährigen Präsidenten Özhan Canaydin zeigte und wo sich auch ein größeres Vorsängerpodest (in locker mal sechs bis sieben Metern Höhe) befindet, was aber von der Person hierauf kaum effektiv genutzt wurde, da sie einfach zu selten die komplette Masse motivieren konnte und gefühlte 200 Mal mit sinnlos mit ausgebreiteten Armen vor der Masse stand. Negativ vielleicht ansonsten noch, dass jede Ecke dabei ihr eigenes Süppchen kochte und man abgesehen von einigen Wechselrufen kaum von einem koordinierten Support sprechen konnte; zudem baute man mit fortlaufender Spieldauer ab und kam nur noch selten und ansatzweise an die Lautstärke, die in den Anfangsminuten und vor allem vor dem Spiel herrschte, heran. Wesentlich besser wussten da die Gäste aus Fenerbahce zu gefallen, die oftmals sehr laut zu hören waren und auch ansonsten einen gelungenen Auftritt zeigten (was auch im Nachhinein von Heimseite so anerkannt wurde). Besonders das Hüpfen mit 100%iger Mitmachquote und dem gleichzeitigen Singen netter Melodien kam gut herüber. Spielerisch wars zwar eine flotte geführte Partie, allerdings ohne größere Torraumszenen und dementsprechend auch nur einem Tor für das Gastteam, das durch einen Torwartfehler resultierte. Anschließend pfiff der heimische Anhang bei jedem Ballkontakt den eigenen Keeper aus, sehr seltsame Einstellung!

Nach dem Spiel bahnte man sich seinem Weg durch die kreuz und quer herumwuselnden Menschenmassen und durch das Chaos von Autos, Taxen und Bussen zurück ins Hotel. Ausschreitungen oder ähnliches wurden nicht gesichtet, ohne aber groß danach gesucht zu haben (meine bessere Hälfte hatte kein Interesse :-) ).
Die folgende Woche wurde ganz entspannt in dieser geilen Stadt verbracht, in der ich gerne noch eine Weile länger geblieben wäre. Zu sehen gibt es hier jedenfalls eine Menge und wir haben so gerade mal die Hauptsehendwürdigkeiten "abgehoppt". Blaue Moschee, Bosporusrundfahrt, Topkapipalast und der ganze Kram. Von der Fülle an coolen Lokalitäten habe ich selten eine bessere Stadt gesehen, besonders in den Seitenstraßen zwischen Taksimplatz und Galatabrücke gibt es unzählige Möglichkeiten gut zu speisen und zu trinken.
Istanbul sieht mich auf jeden Fall wieder.