KS Gornik Zabrze – KKS Lech Poznan 3:1
04.11.2017
Ekstraklasa
Stadion Miejski w Zabrzu im. Ernesta Pohla
Zuschauer: 24.563 (ca. 1.000 Gäste)
Vom Katowice
bis Zabrze sind es nur knappe 20 Minuten mit dem Auto und rund ums Stadion
herrschte schon reges Gewusel aus Autos, Bussen und Fußgängern.
Einen Parkplatz
fand ich locker 15 Gehminuten vom Stadion entfernt inmitten grauer Wohnblöcke.
Blick aufn
Boden und nicht auffallen, wobei ich deutlich angespannter gewesen wäre, würde
hier heute ein Spiel zweier verfeindeter Fanszenen stattfinden. Das Verhältnis
zwischen Górnik und Lech kann aber dann doch eher als neutral betrachtet
werden.
Somit alles
halbwegs entspannt, auch wenn ich mich zwecks Ticketabholung kurzzeitig
inmitten des Lech Haufens wiederfinde. Alter Schwede, von denen will ich auch
nicht gejagt über den Rynek gejagt werden.
Schnell
wieder weg und dahin, wo ich mich etwas wohler fühle. Rein ins Stadion in den
neutralen Bereich.
Das Stadion
selbst ist etwas kurios und zwar insofern, dass es weitgehend einer modernen
Arena gleicht, allerdings die eine Längsseite noch die ehemalige Haupttribüne
ist und so mehr oder weniger vor sich hingammelt.
Der Grund
für dieses somit etwas unfertig wirkende Stadion ist ganz einfach: Nachdem die
drei Seiten fertig waren, waren plötzlich die Zlotys aus und so wurde es nix
mehr mit der 100 Prozent Fertigstellung und ein Bereich bleibt vorerst somit „oldschool.“
Hier tummeln sich dann ausschließlich Zivilcops, Journalisten, sonstige
wichtige Leute und irgendwie auch ich.
Es war eine
ganz besondere Stimmung rund um dieses Spiel. Eine angespannte, bedrückte
Stimmung und das nicht in erster Linie wegen des Kampfes um einen Tabellenplatz
an der Spitze. Nein, der Grund war ein wesentlich traurigerer und sollte
sicherlich nicht im Zusammenhang mit Fußball stehen. Knapp zwei Wochen vor
diesem heutigen Spiel war ein 26-jähriger Gornik Zabrze-Anhänger in der
umkämpften Stadt Ruda Śląska von Ruch Chorzow „Anhängern“ (oder besser
Menschen, die unter dem Deckmantel des Fußballs Menschen tottreten) aufgelauert
und so massiv verprügelt worden, dass er wenige Tage vor diesem Spiel seinen
Verletzungen erlegen ist. Ohne, dass ich diesbezüglich irgendwelche tiefen
Hintergründe kennen, lässt es einen nur noch mit Kopf schütteln zurück, aber
leider wird auch hier kein tiefgreifendes Umdenken erfolgen und letztlich war
es nicht der erste und vermutlich letzte Tote in diesem schwachsinnigen „Revierkampf“, den sich
Ruch und Górnik samt ihrer Freundschaften und Bündnisse hier liefern.
In den
Jahren 1997 und 2001 gab es zwei Opfer auf Seiten der Blauweißen aus
Königshütte und im umkämpften Krakau sehen die Verhältnisse kaum anders aus.
Zu Beginn
des Spiels gab es eine Schweigeminute und parallel dazu brannte im Fansektor
ein Kreuz aus bengalischen Lichtern, was - ohne dass ich wie gesagt irgendwelche
tiefen Hintergründe zum Mord kenne - sicherlich bewegend war. Danach wurde
weiter geschwiegen, keine Anfeuerung, auch der etwa 1.000 Mann starke Lech-Haufen
beteiligte sich aus Respekt am „Schweigen“. Suffköppe, die irgendwie
saupeinlich selbst im unpassendsten Moment irgendwas rumgrölen, findet man hier
nicht.
Selbst beim
1:0 für die Gastgeber in der 13. Minute war der Torjubel äußerst verhalten bis
dann in Minute 26 (ebenso alt wurde der getötete Fan) der Schalter umgelegt und
alle Wut und Trauer herausgebrüllt wurden.
Es war dann
phasenweise das Lauteste, was ich seit langer Zeit gehört habe, nicht selten
zog das gesamte Publikum mit und obwohl das Stadion durchaus der Akustik
förderlich ist, war das hier schon sehr, sehr stark.
Mit einem
3:1-Sieg schiebt sich Górnik vorerst an die Tabellenspitze und nach Abpfiff
latschte ich zufrieden mit dem Kick zurück zum Auto. Ursprünglich bestand der
Plan, seit langer Zeit mal wieder an Airport die Nacht durchbringen, denn bei
einer Abflugzeit von 6:10 Uhr am Sonntagmorgen macht alles andere kaum Sinn. Jedoch
fand ich ein paar Tage zuvor noch eine Sonderaktion im Netz, wobei ein Hotelzimmer
in Zabrze für realpreisige 14 Euro angeboten wurde, wobei es reguläre angeblich
44 kosten sollte.
Und tatsächlich war es guter Standard und von Bruchbude weit entfernt. Sogar das Sportstudio konnte man noch gucken, ehe zumindest für 4 Stunden noch etwas Schlaf gefunden wurde und es völlig verpeilt um 4:30 Uhr schon wieder die etwa 40 Kilometer zum Airport ging. Hier schon in aller Herrgottsfrühe richtig viel los und ich frage mich immer wieder, wo die alle hinwollen. Für mich ging’s dann planmäßig zurück nach Dortmund und mit frisch gebackenen Brötchen saß ich um 10 Uhr morgens schon wieder mit der besseren Hälfte am Frühstückstisch…