KV Kortrijk – RSC de Liege 2:1

27.12.2017

Guldensporenstadion

First Division A

Zuschauer: 8.714 (ca. 600 Gäste)

 

 

 

Zum Abschluss des Jahres ging es wie ja bereits im letzten Bericht angedroht nochmals nach Belgien.

Ein feiner Doppler stand auf der Tagesordnung und so konnten Blaubacke und Gerrit schnell als Mitfahrer gewonnen werden, wobei Gerrit noch einen Bekannten anwarb, um meinen roten Rennford zu füllen.

Vom vereinbarten Treffpunkt am schönsten Stadion Deutschlands ging es also gegen Mittag tief in den Westen von Frituur-Country, genauer genommen nach Oostende, immerhin rund 450 Kilometer von Meppen entfernt.

Kick 1 des Tages sollte nämlich die Partie zwischen KV Oostende und KRC Genk sein, aber da die Kopfzeile dieses Berichtes ein anderes Spiel ankündigt, mag nun vielleicht der ein oder andere hier völlig zu Recht ins Grübeln geraten.

Bis 10 Kilometer vor Oostende meinte es das Wetter ausgesprochen gut mit uns, zum Teil frohlockte gar ein leicht bewölkter Himmel, bis über der Stadt hängende tiefdunkelblaue Wolken das Unheil bereits aus einiger Entfernung ankündigten und wir uns wenig später im hart von der Seite kommenden Starkregen inkl. Sturm wiederfanden und flinken Schrittes ins Stadion „retteten“.

Die äußeren Bedingungen also alles andere als geil und auch auf den Rängen des eine Stunde vor Anpfiff noch spärlich gefüllten Stadions zog es wie Hechtsuppe und der Regen prasselte trotz durchgehender Überdachung auf weite Teile der Tribünen. Kann ja heiter werden…

Also beim Pilsken und Kaffee mal bisschen dumm rumgelabert, ehe uns eine Lautsprecherdurchsage rund 20 Minuten vor Anpfiff aufschreckte. Trotz rudimentärer Sprachkenntnisse verstand man bereits beim ersten Mal, dass es keine guten Neuigkeiten gibt und ein eiligst befragter Heimfan bestätigte die Vermutung. Abgesagt!

Na, das saß wie ein harter Punch in die Magengegend! Darf doch jetzt echt nicht wahr sein. Dass es irgendwie am Wetter liegen muss, war ja eigentlich klar, aber dass aufgrund des Sturms wohl ein Teil der Tribüne plötzlich durch die Gegend flog und die Verantwortlichen nicht für die Sicherheit im Stadion garantieren konnten, erfuhren wir erst später.

Angepisst waren wir nun alle, aber der totale Ausraster lies vergeblich auf sich warten, da Obercholeriker wie Schrotti oder Jan nicht in der Nähe waren.

So ein Risiko besteht bei unserem Hobby ja irgendwie durchaus und obwohl die Anreisestrecke schon nicht ohne war, hatte man jetzt keine extremen Aufwendungen betrieben, um herzukommen. Was wäre im Vergleich gewesen, hätte man sich womöglich inkl. umständlicher Visabeschaffung, nerviger, langwieriger und zudem noch teurer Flugverbindungen  auf den Weg zu einem exotischen Kick sagen wir mal in Turkmenistan gemacht und wäre nun kurz vor geplanten Anpfiff mit solch schlechten Nachrichten konfrontiert worden, ja dann wäre Polen eindeutig offen gewesen…

Aber heute war es dann ertragbar, zumal ja eh noch ein zweiter Kick im 50 Kilometer entfernten 75.000 Städtchen Kortrijk auf der Agenda stand, welcher dann halt nun mit unerwartet großem Zeitpuffer angesteuert wurde.

In Kortrijk blieb sogar noch Zeit für einen Frituurbesuch, zumindest in der Theorie, wobei die eine völlig überfüllt war und daher gemieden wurde und die andere angefahrene nicht offen hatte, ja scheinbar gar nicht mehr in Betrieb war…

Jetzt hatten alle keinen Bock mehr auf weiteres Gesuche, denn auch am Stadion des heutigen Gastgebers sollten die goldenen Kartoffensticks zu haben sein. Dumm nur, dass es auch hier Bindfäden goss und so verkrümelten wir uns schnellen Schrittes mit unserer Tüten voller Fettpommes und einer ordentlichen Portion Sauce auf die Stehplatz-Hintertortribüne des Guldensporentadions, welches seinen Namen aufgrund der goldenen Sporenschlacht zwischen Flandern und Frankreich in Kortrijk im Jahre 1302 trägt. So, wieder etwas besser auf die 1.000.000-Frage bei Jauch vorbereitet.

Ganz so lange steht das Stadion zwar nicht, aber immerhin seit 1947, wobei natürlich im Laufe der Zeit immer mal saniert und modernisiert wurde. Dennoch eine Hütte, die mir ganz gut gefällt, da kein steriler Scheisse-Bau und alle vier Tribünen mit eigenem Charakter. Bis auf die Haupttribüne wars auch gut gefüllt und die Gäste aus dem ostbelgischen Lüttich waren ebenfalls recht zahlreich angereist, wobei die Jungs vom „Ultra Inferno 96“ neben durchschnittlichem Support mit paar Böllern in den Innenraum geworfen (negativ) auffielen und ansonsten ihre kleine Zaunfahne über 90 Minuten hoch hielten…

Star des Abends war heute in jedem Fall das Spiel selbst. Auf tiefem und völlig durchweichtem Boden durchaus flott geführt, machte es durchaus Spaß, dem Dargebotenen zu folgen. Hervorzuheben dabei auch die One-Man-Show des Lüttich Spielers Uche Henry Agbo, der bereits in der 42. Minute mit Gelbrot zum Duschen geschickt wurde, dies aber irgendwie nicht kapierte und daher zunächst endlos lange debattierte, inkl. Rudelbildung und theatralischem Getue usw. Als er dann irgendwann vom Betreuer in Richtung Kabine begleitet wurde, grüßte er zunächst mit ausgetreckten Mittelfinger das Haupttribünenpublikum, nur um anschließend mit selbiger Geste am Fanblock auf unserer Tribüne herzuwandern und folgerichtig mit reichlich Bier beschenkt zu werden. Herr Agbo – von so viel Zuwendung durchaus gerührt – revanchierte sich postwendend in feinster Paolo Guerrero-Manier, indem er eine volle Wasserflasche mit voller Wucht in die Zuschauerränge feuerte, um anschließend auf die letzten Meter noch auf sämtliche Provokationen einzugehen. Was für ein Dullie!

Bei einer Szene vom Schlage Lazio Rom oder Hellas Verona hätte es hier das Zeug zur Eskalation gehabt, Kortrijk ist aber halt nicht Hellas sondern eher Heidenheim und so blieb bis auf einiges Gepöbel alles cool.

Ansonsten war aber auch das Spiel an sich so, wie man es sich wünscht. Lüttich ging mit 0:1 in Führung, ehe Kortrijk – sicherlich auch durch den Platzverweis zusätzlich eine Chance witternd – mehr und mehr aufdrehte und somit zunächst in der 83. den Ausgleich erzielte, ehe in der 93. Minute der Führungs- und Siegtreffer über die matschige Linie gedrückt wurde, was das Publikum gut ausrasten ließ und auch mich extrem freute, da mir Lüttichs Mannschaft irgendwie insgesamt völlig unsympathisch rüberkam. Glückwunsch, Kortrijk!!

Sehr zufrieden und die Schmach von Oostende fast schon vergessen ging es nonstop auf den etwa vierstündigen Heimweg, der ohne eine einzige Pause gnadenlos heruntergeschrubbt wurde.

Allen Lesern und Fußballfreunden sei hiermit ein zufriedenes Jahr 2018 gewünscht! Bleibt gesund und bis irgendwann im Januar dann mal.