KKS Lech Poznan - KP Legia Warzsawa 1:0
06.10.2007
Stadion Lecha
Ekstraklasa
Zuschauer: 26.500

 


Am nächsten Morgen ging es dann dreiviertel der Strecke vom Vortag wieder zurück und nach völlig unspektakulären fast 5 Stunden Zugfahrt wurde Poznan-Glowny erreicht.
Hier gibt es eigentlich nicht viel zu sehen, trotzdem wurde sich etwas umgeschaut, der Rucksack weggeschlossen und probiert, ein Ticket für den Nachtzug nach Frankfurt/Oder zu erwerben.
"Ticket im Zug kaufen!" so die frei übersetzte Auskunft der Ticketschalterfrau. Nagut, und da ich zu faul für einen Bummel durch Poznans Altstadt war, machte ich mich direkt via Taxi auf zum Stadion Lecha, der Heimat des KKS Lech Poznan.
Taxifahrer fuhr mich direkt vor die Eingänge und dafür, dass erst in knapp drei Stunden Anstoß sein sollte war rund ums Stadion schon reges Treiben.
Neben vielen Typen, mit denen man besser keinen Streit haben sollte, fiel auch gleich ein älterer, volltrunkener Lechfan auf, der laut singend bzw. grölend einen Legiaschal in Brand steckte und dafür von einem guten Dutzend Umherstehender gefeiert wurde.
Ansonsten wurde die obligatorische Stadionrunde gedreht und anschließend problemloser als angenommen das Stadion betreten.
Im Jahre 2012 sollen hier in Posen, um auch mal die deutsche Bezeichnung für diese Stadt zu verwenden, EM Spiele ausgetragen werden und man ist bereits jetzt darum bemüht, ein passendes Stadion zu erstellen.
Mir persönlich würde es so wie jetzt locker reichen, aber da die ganzen VIPs und Kommerzvögel es ja schön warm, trocken und zugluftsicher haben wollen, wird das Stadion Lecha nach und nach umgebaut, sprich überdacht und "kommerztauglich" gemacht.
Erste Ergebnisse lassen sich anhand der überdachten Hintertortribüne erkennen. Das Schlimmste an diesen ganzen Umbaumaßnahmen ist die Tatsache, dass die absolut geilen Flutlichtmasten, die das Stadion so unverkennbar machen, wohl irgendeiner x-beliebigen Beleuchtungsanlage weichen müssen.
Die Zeit bis zum Anpfiff wurde mit der Herumschleichen im Stadion und dem Verspeisen von Wurst vertrieben, ehe es so langsam los gehen konnte.
Der Gästeblock blieb heute frei von Gästen, d. h. er wurde für die Heimfans freigegeben, da der Legia-Anhang ja im Sommer beim UI- Cup Spiel in Vilnius ein nicht gerade UEFA-konformes Verhalten, sprich das Stadion in seine Einzelteile zerlegte, zeigte und somit der polnische Verband u. a. ein dreijähriges Auswärtsfahrverbot für alle Fans des Hauptstadtclubs aussprach.
Gehalten wurde sich in der Vergangenheit des öfteren trotzdem nicht daran, man widersetzte sich einfach den Auflagen, fuhr also auswärts und gelangte auch in die meisten Stadien herein. Heute hielt ich ein Erscheinen der Gäste jedoch für nicht möglich, als plötzlich kurz vor Anpfiff rund 300 Legia Leute in den Block an der äußersten Ecke der Hintertortribüne rannten und ihnen ein gellendes Pfeifkonzert vom Rest der Stadionbesucher entgegen hallte.
Legia war also auch heute gefahren und man hatte nicht die schlechtesten Repräsentanten der Stadt und des Vereins nach Posen geschickt. Keine Familien mit Kindern, keine Typen mit tausend Schals ums Handgelenk, keine Typen mit lustigen bunten Hüten auf dem Kopf. Nein, zum größten Teil Jungs über 30 und rein äußerlich nicht als Legiafans zu erkennen.
Könnte auch was an dem Gerücht dran sein, dass die Ultras von Lech sich extra dafür eingesetzt hatten, dass Gäste aus der Hauptstadt kommen dürfen. Zumindest deutete der Handzettel, der vor Spielbeginn auf jedem Platz lag, darauf hin. Zudem fiel Legia lediglich durch einige Gesänge provozierend auf. Ansonsten hielt man sich recht bedeckt, also kein Pyro, keine Gewalt o. ä. Vielleicht auch ein kleines Zeichen der Dankbarkeit, fahren zu dürfen.
So sehr man auch untereinander verhasst ist, gegen die Repressionen von Polizei und Verband hält man zusammen und zieht an einem Strang! Sehr fein!!

Dann war endlich Anstoß, Lech scheint einige Spezialisten in Sachen Anfertigung überdimensionaler Blockfahnen in seinen Reihen zu haben, denn so wurde eine dieser vom Oberrang herabgelassen, die eine Kartenspieler zeigt, der die Karten zu Gunsten Lechs legt und gleichzeitig Legia "aussticht".
Im Folgenden dann immer wieder sehr, sehr laute Gesänge und Klatscheinlagen vom Heimsektor angestimmt und nicht selten beteiligten sich 90% aller Stadionbesucher an diesen.
Kann man sich sicherlich vorstellen, wie geil es aussieht und klingt, wenn 26.000 Leute die Arme heben oder laut singen.
In Hälfte Zwei dann nochmals eine riesige Blockfahne seitens Lech Poznans, die vor allem durch ihre Liebe zum Detail zu gefallen wusste auch wenn mir die Aussageabsicht jetzt nicht so klar ist. Beim Tor von Lech dann natürlich bis auf die Gäste das ganze Stadion am ausrasten und man schaffte es, die Führung gegen den Tabellenführer bis zum Schlusspfiff zu halten.
Nach Spielschluss dann Blocksperre für die Legia-Leute und der sonstige Teil tritt langsam der Heimweg an. Bemerkenswert vielleicht noch, dass auch weit nah dem Spiel massig Leute am Singen waren und den Sieg feierten, egal ob alt oder jung. Hat man ja in deutschen Gefilden auch nicht so oft.
Straßenbahnen selbstverständlich alle überfüllt und da der Weg vom Stadion zum Bahnhof nicht allzu weit ist (so eine halbe Stunde schnellen Schrittes) und mein Zug eh erst in zwei Stunden fahren sollte, wurde gewandert.
Am Bahnhof dann noch etwas im dortigen Supermarkt herumgelungert und Bonbons für die Heimat gekauft, ehe dann auch irgendwann der Nachtzug gen Frankfurt/Oder einlief.
Hier erstmal nen schönen Ruhesessel ausgesucht ehe auch irgendwann der polnische Schaffner angetapert kam und mich wohl übers Ohr hauen wollte. Ich sollte ein Ticket von Poznan nach Berlin kaufen, da Frankfurt/Oder in seinem komischen Computer nicht drin sei. Würde dann irgendwie 70 Euro kosten. Is klar, Junge! Da geh ich doch mal zum deutschen Schaffner. Dieser schien ebenfalls nicht der Hellste zu sein, kapierte aber nach mehrmaligen Anbringen meines Problems dann doch, was ich von ihm wollte und verkaufte mir anschließend ein Ticket für 28 Euro. Immer noch vergleichsweise teuer, aber nagut, dafür war der Rest der Tour recht sparsam.
In Frankfurt dann endlich um kurz nach Mitternacht eingetroffen, gleich mal direkt nem Grenzer in die Arme gelaufen und nach kurzer Personalienkontrolle konnte mein Auto wieder begrüßt werden, welches sogar noch unbeschädigt da stand, wo ich es am Freitag abgestellt hatte.
Jetzt noch die Strecke Frankfurt-Meppen in rekordverdächtigen fünf Stunden zurückgelegt, beinahe einen Fuchs(!) überfahren und schließlich am frühen Sonntag Morgen erschöpft ins Bett gefallen.
Geile Tour! Was bleibt neben zwei geilen Spielen sonst noch vom östlichen Nachbarland hängen? Auf jeden Fall die vielen netten, offenen und hilfsbereiten Menschen, mit denen man so zu tun hatte. Nicht einmal wurde man irgendwie feindlich und unfreundlich behandelt und mit der rhetorischen Frage, ob es einem Polen in Deutschland auch so ergangen wäre, findet der Bericht an dieser Stelle dann auch sein Ende.