AS
Livorno Calcio - AS Rom 0:0
18.09.2005
Stadio Armando Picci
Serie A
Zuschauer: 14.500
Nach etwas über 2 Stunden lustiger Autofahrt, auf der
die Biervorräte annähernd komplett vernichtet wurden, wurde dann auch
die toskanische Hafenstadt Livorno erreicht.
Natürlich, wie soll es anders sein, prasselte der Regen auf uns hinab,
der aber, und das kann ich für alle die es interessiert, vorwegnehmen mit
Anpfiff aufhörte.
Das Auto wurde nach kurzer Stadionsuche etwas entfernt von diesem aber mit Sichtkontakt
zu den Flutlichtern abgestellt und der Rest folglich zu Fuß bewältigt.
Am Stadion selbst bereits reges Treiben und aufmerksame Leser
wissen, welches Problem sich nun als nächstes stellt. Richtig, das Problem
der Kartenfrage.
Als erstes wurde ein kleines Loch in der gammligen Stadionmauer angesteuert,
welches optisch ungefähr einer Schießscharte gleicht und etwa einen
halben Meter über dem Boden liegt, sodass man in die Hocke gehen muss um
hindurchzusehen.
Ein, zwei Mal wurde jetzt "Hallo?", "Haaaallooooo??" hindurchgerufen,
woraufhin aber nichts passierte.
Die nächste halbe Stunde wurde dann wieder etwas planlos umhergeirrt, die
Leute gaben uns Aussagen unterschiedlichster Art. Kurz hieß es sogar von
offizieller Seite, dass überhaupt keine Karten verkauft werden, bis endlich
jemand mit Plan auftauchte und uns zu einem Kassenhäuschen in einiger Entfernung
zum Stadion lotste.....
Für nicht ganz billige 23 Euro, was mit Abstand der höchste Eintrittspreis
an diesem Wochenende war, erstand man ein Ticket in der unüberdachten Südkurve
in unmittelbarer Nähe zum Gästeblock.
Tja, Livorno. Wenn ich wollte könnte ich Seiten über
diese Stadt oder besonders über die Fanszene des AS Livorno schreiben,
die sich zweifelsohne vom überwiegenden Rest der italienischen Szenen abgrenzt.
Livornos Fanszene gilt traditionell als links, wohl die linkeste in Italien.
Mehr noch als links, sogar kommunistisch kann man sie bezeichnen, was zudem
die vielen Graffitis am bröckelnden braunen Beton der Stadionmauern belegen.
Die Stadt Livorno selbst gilt es Wiege des Kommunismus in Italien und seitdem
die Werft vor einigen Jahren stillgelegt wurde, geht hier nicht mehr wirklich
viel, sodass das Fußballteam nach Jahren in der Unterklassigkeit der einzige
Stolz der Stadt ist.
Was bei Lazio Paolo di Canio ist, ist in Livorno der Spieler
mit der Rückennummer 99.
Cristiano Lucarelli, die Identifikationsfigur schlechthin. In Livornos Arbeiterviertel
geboren und aufgewachsen, stets dem Ruf des vielen Geldes anderer Klubs widerstanden,
prangt auf seinem Unterarm das Vereinswappen Livornos und die Rückennummer
99 steht für das Gründungsjahr der "Brigate Autonome Livornesi"
(BAL), die Organisation der Livorno Ultras, gegen rund 200 derer Mitglieder
nach der schweren Randale beim Spiel in Rom gegen Lazio in der Vorsaison ein
Stadionverbot verhangen wurde.*
Der Stimmung scheint dies gottlob nicht sonderlich geschadet
zu haben, so zeigen die Livornesi zu Beginn des Spiels in der Nordkurve eine
schöne Schalparade und bieten einen recht guten Support.
Die vielleicht 800 Römer provozieren hingegen durch einigen Fahnen mit
diversen faschistischen Symbolen, die aber nach kurzer Zeit abgehangen wurden
sowie "Duce, Duce" Rufen, die ein lautes Pfeifkonzert des restlichen
Publikums auslösen.
Eine kleine Gruppe Livornesi hat sich zudem in der Nähe des Gästeblockes
eingefunden, zünden zum Anpfiff einige Bengalos, wirken aber ansonsten
recht albern, da sie sonst weder akustisch noch sonst etwas bieten und zudem
niemand von ihnen älter als 15 zu sein scheint.
Witzig wäre ganz nebenbei vielleicht noch zu erwähnen,
wie man in Livorno einfach aber pragmatisch der Auflage nach Sitzplätzen
nachgekommen ist.
In regelmäßigen Abständen wurden rote Striche auf die Betonstufen
gesprüht und die Zwischenräume mit Nummern versehen. Fertig isses!
In der zweiten Hälfte eines Spieles, welches so spannend ist, wie ein 0:0 es für gewöhnlich an sich hat (Gäääähhhhnnnn), werfen die Römer noch einige Bengalos auf die im Innenraum stehenden Ordnungskräfte. Zudem gabs auch wieder diese tierisch lauten Böller, die einem wahrlich die Frisur legen und besonders schön kommen, wenn man überhaupt nicht mit ihnen rechnet und gerade in ein Gespräch mit seinen Kollegen vertieft ist. Herrlich!
Ansonsten Support auf Gästeseite nicht wirklich doll,
vor allem recht unkoordiniert. Es scheint, als koche da so jede Gruppierung
ihr eigenes Süppchen.
Nun gut, das Remis garantiert Livorno weiterhin einen Platz im oberen Tabellenbereich
und nach Abpfiff geht's für uns schnurstracks zwischen den unzähligen,
hektisch drängelnden Motorrollern Richtung PKW und raus aus der Stadt.
Man hat ja schließlich eine Fahrt durch fast halb Italy vor sich, die
für uns am Mailänder Flughafen enden soll, der Michi jedoch noch weiter
nach Austria fahren will.
Er lotst und zumindest sicher ans Ziel, ich bin müde aber kann nicht schlafen.
Die anderen beiden ratzen auf der Rückbank und der Kai will zwischenzeitlich
einen Autogrill anzünden, da ihm das Essen dort nicht mundet. Irgendwann
mitten in der Nacht ist das Ziel erreicht und es wird sich von unserem Ösi-
Kollegen verabschiedet. Vielen Dank und bis zum nächsten Mal.......
Am Flughafeneingang, vorbei am Bier(?!) trinkenden Sicherheitsdienst, findet
man noch so drei Stündchen Schlaf ehe der Flieger gen Heimat bestiegen
werden kann und ein sehr geiles Wochenende sein Ende findet.
Dank und Gruß an dieser Stelle natürlich auch an
meine beiden Mitfahrer, die einen wesentlichen Teil dazu beigetragen haben.........
Immer gerne wieder!
*(Überwiegender Teil der Infos stammt aus der "11 Freunde" Ausgabe
40, in der sich ein recht interessanter Artikel zur Szene in Livorno finden
lässt.)