FC Lustenau – SC Austria Lustenau 3:1

19.08.2011

Reichshofstadion

Erste Liga

Zuschauer: 6.500 (ca. 5.500)

 

 

Am nächsten Morgen gings dann auf die rund 600 km lange Fahrt nach Lustenau in der Region Voralberg im Westen Österreichs. Kurz vorm Ziel ganz schlimmes Verkehrschaos, denn schließlich ist noch Urlaubszeit und rund um den Bodensee herrschte an diesem Freitagnachmittag reichlich Stau. Auch die erhoffte Abkürzung quer durch Bregenz brachte irgendwie nix und so ging es eine ganze Weile nur im Schritttempo voran. Das heutiges Quartier für die Nacht hatten wir nach längerer Suche im Internet gefunden, denn in sämtlichen Ortschaften rund um Lustenau bzw. den Bodensee war alles dicht oder man verlangte absolute Phantasiepreise für ein einfaches Zimmer. Im idyllischen Sibritsgfäll (wer kennt es nicht?) rund 20 km östlich von Lustenau wurde man in einem Gasthof fündig. Nachdem das Ziel über schmale Bergstraßen erreicht war, auch hier nur kurz die Sachen abgelegt und direkt weiter zum Ort des heutigen Spiels. Das kleine Städtchen Lustenau (ca. 21.000 Einwohner) leistet sich den Luxus, gleich zwei Zweitligisten zu beheimaten. Beide spielen im Reichshofstadion, welches die eigentliche Heimstätte der Austria ist, der FCL jedoch seit Anfang 2007 hier spielt, da das eigentliche Stadion an der Holzstraße für nicht mehr bundesligatauglich befunden wurde.

„Bundesligatauglichkeit“  wird dabei von unseren österreichischen Nachbarn sicherlich etwas anders definiert als bei uns, denn auch das Reichshofstadion ist im Prinzip nichts anderes als ein Sportplatz bzw. Leichtathletikstadion auf dem einige Stahlrohrkonstrukte, sprich Tribünen, aufgestellt wurden.

Dennoch ist der Ground ganz passabel und weiß zu gefallen.  Sicherlich auch dadurch, dass das Gelände heute von zahlreichen Besuchern frequentiert wurde, von denen gut und gerne mehr als Zweidrittel der Austria die Daumen gedrückt haben dürften. Deren aktiver Teil umfasst geschätzte 100-150 Leute, die sich auf einer der Hintertortribünen einfinden. Der Name der „Hauptgruppe“ hört sich ein bisschen so an, wie eine Hooltruppe aus den 80ern (Nordfront), besteht jedoch eher aus sehr jungen Anhängern als aus derben Freunden der geballten Faust. Generell scheinen beide Fangruppen nicht sehr verfeindet, zumindest waren – abgesehen von einigen Gesängen- gegenseitige Anfeindungen Fehlanzeige und innerhalb des Stadions kam es immer wieder zu Vermischungen der jeweiligen Farben. In diesem Zusammenhang kam es zu ner kleinen Grundsatzdiskussion zwischen dem Jan und mir, und zwar darüber , ob man –rein theoretisch gesehen – friedlich akzeptieren könnte, wenn jetzt beispielsweise Union Meppen sich so entwickeln würde, dass sie mit dem SVM in einer Liga spielen würden und deren Anhänger den dicken Max machen. Naja, Einigkeit konnte nicht erzielt werden, also Diskussion ergebnisoffen abgebrochen….

Friede, Freude, Eierkuchen also jedenfalls auch bei den vielleicht 40 aktiven FCL-Supportern, die sich mittig der anderen Hintortortribüne niedergelassen haben und hier, umrandet von Austria-Sympathisanten, unbeirrt ihr Team unter mehrmaligem Einsatz von Pyrotechnik supporten.

Gesanglich zwar nix Innovatives, eher so das altbekannte Standardliedgut, was ja aber auch nicht grundsätzlich schlecht ist. Ähnlich die gegenüberliegende Seite, die ein nett anzusehendes „Chaosintro“ mit Folienbahnen, Kassenrollen, farbigem Rauch etc. wählte. Trotz recht üppigem Pyroeinsatz störte sich niemand daran, sehr schön. Naja, fast. Ein vielleicht 50-Jähriger neben mir meinte, dass es ein Unding sei, dass sowas (er meinte das Pyro) überhaupt ins Stadion komme.

Als ich ihn dann fragte, was denn daran jetzt so schlimm sei und ob sich jemand seiner Gesundheit gefährdet sehen müsse, wusste er dann keine so passende Antwort außer „Ich habe gelesen, dass der Einsatz von Pyrotechnik in Österreich verboten ist!“ Na Mahlzeit, typische Dumpfbackenantwort. „Ich habe gelesen…“. Wo denn? In der BILD? Naja, noch ein paar weitere Pro-Pyro-Argumente meinerseits  und ihm gingen schnell die Antworten aus. Positiv vielleicht, dass man zumindest den leichten Eindruck hatte, dass ein Denkprozess einsetzte, denn gerade diese Leute sind es ja, die man für das Thema sensibilisieren muss, um vielleicht doch eines Tages von diesem „Pyro=Chaoten-Weltbild“ wegzukommen und unter gewissen Umständen Pyrotechnik als Element der Fankultur zu etablieren.

Sportlich gesehen war der Tabellenzweite Austria Lustenau eindeutig Favorit (15 Punkte aus acht Spielen) gegen den Tabellenvorletzten FCL (4 Punkte). Aber die Regel „Ein Derby hat eigene Gesetze“ griff auch hier und heute, sodass die Blauweißen einen völlig verdienten 3:1-Sieg erspielten. Insgesamt ein schöner Derbybesuch, auch wenn die Rivalität etwas fehlte, die meiner Meinung nach einem Derby die letzte Würze gibt.

Nach dem Spiel noch kurz auf dem örtlichen Marktplatz vorbei geschaut, wo irgendein Fest gefeiert wurde. Noch ein Bierchen, dann zurück zur Unterkunft; sooo spannend wars hier auch nicht.