SK Rapid Wien – FK Austria Wien 0:3
05.08.2012
Gerhard-Hanappi-Stadion
Bundesliga
Zuschauer: 18.000 (ca.
1.200)
Am nächsten Tag denn
weiter nach Vienna, um 16 Uhr ist schließlich Derbytime und vorher wollte ich
noch den ausgewählten Campingplatz aufsuchen.
Ja richtig,
Campingplatz. Um den Geldbeutel nicht unnötig zu strapazieren, war nämlich
beabsichtigt die nächsten beiden Nächte hier in meinem mitgebrachten Zelt zu
nächtigen, was ja im Sommer auch ganz gut geht.
Hier also als erstes aufgeschlagen
und Stellung bezogen; da man eh nicht wusste, was man mit seiner Zeit so
anfangen sollte, mal direkt weiter in Richtung Hütteldorf begeben.
In besagtem Wiener
Bezirk steht das Gerhard-Hanappi-Stadion und rund 2 Stunden vor Anpfiff war
auch schon recht viel los. Ich schlender etwas umher und begutachte vor allem
die zahlreichen Rapid Graffitis rund ums Stadion. Insbesondere auf die
Freundschaft zu Ultras Nürnberg und Gate 13 Panathinaikos Athen wird hier
reichlich hingewiesen. Irgendwann kommt etwas Unruhe auf, denn der Austria-Mob
hat Hütteldorf erreicht und wird hinter der Ostseite zum Stadion geführt. Ein
direkter Kontakt beider Fanlager ist nicht möglich, denn die Polizei hat
mittels Gittern einen Puffer von rund 50 Metern errichtet und so bleibt es bei
verbalen Provokationen und einigen Flaschen und Leuchtspur, die die Seiten
wechseln. Nach wenigen Minuten ist der Spuk dann aber vorbei und man kann das
Stadion betreten. Das Bauwerk kennen ja sicherlich die meisten von Bildern oder
so; schöner kleinerer kompakter Bau, wobei sicherlich die gewellte
Dachkonstruktion charakteristisch ist. Bis zum Anpfiff des 302. Derbys füllt
sich die Hütte komplett und beide Seiten zeigen ihre vorbereiteten
Choreografien. Die der Austriafans strotzt nicht gerade vor Komplexheit und
Aufwendigkeit, dennoch ist die Botschaft klar.
Wesentlich mehr
Raffinesse wird hingegen im Block West gezeigt, wo zuerst unten im Block ein
langes Transparent mit Jahreszahlen gezeigt wird, in denen Rapid Meister wurde.
Optisch abgerundet wird dies zuerst durch grünweiße Plastikfähnchen und wenig
später durch eine Art „Folienschals“ , die die Aufschaft „Rekordmeister“ tragen.
Zur Vollendung wird dann unter Applaus des Publikums am Dach ein Transparent
hochgezogen, welches drei Rapidler zeigt.
Optisch und
künstlerisch auf jeden Fall sehr gelungen. Mein persönliches Highlight folgte dann
in Hälfte eins, denn die Austria Fangruppe Alcatraz schien ihre Materialien
nicht so sicher verwahrt zu haben wie es gleichnamige Gefängnisinsel einst mit
ihren Häftlingen tat und so tauchte die Zaunfahne plötzlich im Block West in
den Händen von Ultras Rapid auf. Geil auch, dass dies sogar von normalen Tribünenbesuchern
abgefeiert wurde Bei uns hätte doch die Hälfte gar nicht geschnallt, was
da gezeigt wird.
Dem allgemeinen Brauch
eine Gruppe aufzulösen, scheint Alctraz aber wohl nicht zu folgen, da man
behauptet Rapid habe die Fahne nicht ehrenhaft - also in Holstein Kiel- Manier-
gezogen, hehe.
Gespannt war ich überdies auch, die Fanszene Rapids endlich mal Zuhause live
begutachten zu dürfen, wird sie doch von so manchen als die beste im
deutschsprachigen Raum bezeichnet. Sofern man solche Vergleiche überhaupt
objektiv treffen kann, so war das Dargebotene heute angetrieben von einem
völlig abgehenden Vorsänger auf jeden Fall über weite Stecken allererste Sahne
und man merkt - trotz aktuell vieler Stadionverbote- dass die Szene hier über
viele Jahre gewachsen ist und jeder, der in Block West steht, weiß was zu tun
ist. Bisschen komisch fand ich allerdings, dass man in der Halbzeitpause (!!)
nochmals das Bild aus dem Intro hoch zog und dahinter nicht mit Pyro geizte.
Naja, wird schon seinen Grund gehabt haben.
Auf der gegenüberliegenden Seite boten die Austrianer auch gar keinen so
schlechten Auftritt, war halt alles ein bisschen weniger geschlossen und geringer
koordiniert als bei Rapid.
Sportlich fügte man dabei dem Stadtrivalen aber eine historische Niederlage zu
(das letzte Derby wurde zuhause in dieser Höhe im Jahre 1993 verloren), sodass
zum Ende hin sogar der Gästeanhang die Stimmungshoheit innehatte, während auf
Heimseite verständlicherweise in eine Art Schockstarre verfallen wurde und sich
nach Abpfiff das Stadion mehr als schnell leerte und nur die feiernde lilaweiße
Gästeschar zurückblieb.
Nachdem auch ich einige Minuten verharrt und durch das Sammeln einiger Plastikbecher das Reisebudget aufbesserte (ein bisschen assi, ich weiß), ging es zu Fuß die knapp 2 km zurück zum geparkten Wagen. Von nah und fern ertönte noch recht häufig das Geheul der Polizeisirenen, was sich aber noch so in den Seitenstraßen Wiens ereignete, entzieht sich meiner Erkenntnis. Für mich fand der Tag friedlich mit ein paar Bier und Internet auf dem Campingplatz sein Ende.