AC Siena  - Empoli FC   1:1

01.03.2014

Stadio Comunale Artemio Franchi

Serie B

Zuschauer: 6.016 (ca. 200)

 

 

Viele Jahre ist es her, dass ich zuletzt auf dem „Stiefel“ zu Besuch war. Genau genommen war es zuletzt im Jahre 2005. Viel hat sich seitdem verändert. Bekam man damals bereits die ersten zaghaften Auswirkungen der anrollenden Repressionswelke zu spüren, denn auf einmal musste man beim Ticketkauf seinen Ausweis vorlegen, so hat sich vieles in den letzten Jahre nochmals verschärft.

Tessera del Tifoso, Auswärtsfahrverbote und insgesamt starke Repressionen sind nur einige Schlagwörter, die den Niedergang der einst so faszinierenden italienischen Fankultur kennzeichnen. Auch sportlich befindet sich der „Calcio“ auf Talfahrt. Einst große Namen wie Inter, Milan oder Juve jagen auf europäischer Ebene kaum noch Schrecken ein und war es bis in die 90er noch so, dass diese „Big Three“ oft deutsche Spitzenspieler aus der Bundesliga wegzogen, so hat sich auch hier der Spieß in vielen Fällen umgedreht.
Hört oder liest man von Leuten, die übers Hoppen in Italien sprechen bzw. schreiben, so reichen die Aussagen von "unerwartet gut" bis "nie wieder Italien". Höchste Zeit also, sich selbst ein Bild zu verschaffen über Ultras und Tifosi im schönen Italien.
Los ging's am Freitagnachmittag via Eindhoven nach Rom. Der Beautyking Jan sorgte bereits am Abflugairport für Aufsehen, da er an der Sicherheitsschleuse mal genauer beäugt wurde.

Grund: wo jeder normale Reisende ein Beutel mit so Dingen wie Duschgel, Zahnpasta unsere dabei hat, waren es beim Jan derer drei(!!!!).

Das konnte der Sicherheitsmokel natürlich so nicht tolerieren und so wanderten etliche Tuben Haarspray, Zahnpasta und Deo in schmierige Holländerhände. Aber mal wirklich; warum nimmt man alles in dreifacher Ausgabe mit auf einen Wochenendtrip? Suspekt! J  
Irgendwann in Rom angekommen, wurde am Termini noch eine Pizza verspeist, ehe man im Hotelzimmer noch zwei Bier zog und anschließend pennte.
Das schöne Rom sollte an diesem Wochenende nämlich nur als Zwischenstopp gelten, denn bereits am nächsten Morgen ging's per Zug nach Siena. Fahrt kostet 16,65 je Person, was für die knapp 3 Stunden Fahrt durchaus fair ist. Wäre man etwas aufmerksamer gewesen, hätte man auch für die Hälfte fahren können, denn Trenitalia offeriert auf der Homepage zumindest derzeit jeden Samstag zwei Tickets zum Preis von einem. Buchbar allerdings bis Freitag 24:00 Uhr und am Automaten fand sich auch kein Hinweis darauf.

Nach entspannter Zugfahrt also zur Mittagsstunde in Siena eingetroffen, machten wir und auf den Fußweg gen Zentrum in dessen unmittelbarer Nähe auch das Stadion liegt. Nicht ganz klar war, wo es denn jetzt Tickets zum Kauf gibt, denn ein Kassenhäuschen war direkt am Ground nicht zu finden und jede der drei gefragten Personen schickte uns irgendwo anders hin und mir scheint, keiner von denen wusste wirklich Bescheid. So konnte mir in einem Kiosk ein Opa zwar keine Karten für Siena vs. Empoli verkaufen, wollte mir aber eine Busfahrkarte von Siena nach Empoli andrehen…..

Hilfe!!!!

Letztlich wurde man dann in einem Fanshop im schönen Stadtzentrum fündig, welches in unmittelbarer Nähe zum Stadion liegt. 21 Euro mussten wir jeweils für einen unüberdachten Sitzplatz auf der Geraden unter zusätzlichem Zeigen des Ausweises zwecks Personalisierung des Tickets hinlegen. Find ich schon recht happig bei dem nicht vorhandene Komfort, wobei die Plätze auf der einzigen überdachten Tribünen gar mit 95 Euro zu Buche schlugen. Aaalter, womit rechtfertigt ein mittelmäßiger italienischer Zweitligist denn solche Preise?

Dabei bin ich mir immer noch nicht sicher, ob ich das Stadio Comunale Artemio Franchi nun scheiße oder gut finden soll. Einerseits weicht es sicherlich deutlich von einem Standardstadion ab, andererseits wirkt das Gesamtbild doch sehr wie Flickschusterei aus Stahlrohrtribünen und normalem Betonbau. Zudem musste man fortan im Nieselregen und fiesem Wind auf seinem Platz verharren, was den Eindruck halt nicht sympathischer machte.
Aber gut, viel spannender war eh die Frage, was man auf den Rängen erwarten könnte.

Der Heimbereich war doch eher enttäuschend, denn lediglich 50 Aktive, die zu Spielbeginn mittels Spruchband einem Verstorbenen gedachten, zeigten jetzt nicht unbedingt den Supertifo. Abgesehen von ein paar Gesangespassagen wars nichts Erwähnenswertes.
Etwas besser dann schon die rund 200 Gäste aus dem nahen Empoli, deren Team noch im Aufstiegsrennen zur Seria A mitmischt. Schön kompakt hinter der Desperados-Fahne versammelt (einzige Zaunfahne im Gästeblock) gabs neben Doppelhaltern und kleineren Schwenkfahnen auch etwas Rauch. Dazu wurde recht dauerhaft und lautstark das Team nach vorne gesungen. Konnte durchaus zufriedenstellen, zumindest war es mehr als erwartet, weil man eigentlich gar nix Richtiges erwartet hatte.
Gut durchgefroren ging's nach dem Spiel und einer 15 minütigen Straßensperre, da die Gäste erst abreisen mussten, zurück nach zum Bahnhof und von dort weiter für 10 Euro je Nase nach Pisa. Hier wurde in einem Hostel nahe des Bahnhofs genächtigt, wobei die Rezeptionistin zwar sehr freundlich, aber auch reichlich lahmarschig war, denn das ganze Anmeldeprozedere dauerte fast ne Stunde und dann waren unsere Zimmer auch noch in einem 200 Meter entfernt liegenden Haus, wofür die Schlüssel die falschen waren.

Aber egal, italienische Leichtigkeit nennt man sowas wohl und zudem hatten wir eh schon leicht einem im Tee vom doch sehr zu empfehlenden "Birra Peroni".

Nach einer Pizza um die Ecke gabs noch nen kleinen Rundgang durch die Gassen der Stadt. Auffällig hier, dass jede Menge junger Leute unterwegs waren und in den zahlreichen Kneipen günstiges Bier ausgeschenkt wurde.

Nightlife Pisa - sehr zu empfehlen. Bei uns war aber kurz vor Mitternacht Schluss, denn der nächste Tag wollte fit bewerkstelligt werden. Wobei man auf dem Hostelflur durchaus noch für Aufmerksamkeit hätte sorgen können, da die anderen drei Zimmer ausschließlich mit weiblichen Gästen belegt waren und sich diese auch nach optischer stichprobenartiger Prüfung auch überwiegend als vorzeigbar entpuppten. Da wir aber beide treue Seelen sind, Tür zu und gute Nacht.