Nachdem man die Nacht tief und fest schlief und sogar unbeschadet wieder aufwachte
(ich hatte leichte Ängste, der über mir schlafende Jan könnte
mitsamt Bett auf mich herabfallen, da die Bettenkonstruktion wenig vertraulich
aussah) wurde noch schnell das Frühstück, bei welchem uns die Herbergsmutter
(oder wie nennt man die?) ständig beobachtete, mitgenommen, um anschließend
wieder zum Priory Queensway Stop zu latschen.
Dort erschien wenig später auch wieder einmal superpünktlich unser
Bus zurück in die englische Hauptstadt, welche nach knappen drei Stunden
Fahrtzeit auch erreicht wurde.
Schnell das Gepäck verstaut ging es auch direkt weiter in den Underground,
um von dort via U-Bahn eine knappe halbe Stunde bis ins Londoner East End zu
fahren, bzw. an der Haltestation Upton Park wieder an die Erdoberfläche
gespuckt zu werden.
Und hier war es wieder, das berühmte Kribbeln im Bauch,
wenn man sich zum ersten Mal in der Nähe eines bis dato unbekannten Stadions
befindet, welches seinen Höhepunkt erreicht, wenn Tribüne oder Flutlichtmast
nach der nächsten Häuserecke plötzlich auftauchen.
Hier war es genauso. Man verlässt die U-Bahnstation und geht die berühmt-berüchtigte
Green Street einige Meter hinauf, umringt von vielen Menschen unterschiedlichster
Herkunft (das Londoner East End scheint Hochburg von Zuwanderern aus verschiedensten
Ländern zu sein), viele davon mit West Ham Balkenschals um den Hals, ehe
nach kurzer Zeit die mächtige Haupttribüne auf der linken Seite erscheint.
Macht schon wirklich Eindruck und hat ohne Zweifel was.
Der Upton Park meldete heute ausverkauft, doch dies war uns klar und so hatten
wir unsere Karten bereits im Vorfeld online auf der West Ham Homepage geordert
und diese warteten auch bereits am Kassenhäuschen auf uns.
Eintrittskarten, wie man sie für gewöhnlich kennt, also aus Papier,
gibt es hier jedoch nicht mehr. Man bekommt stattdessen eine Karte in EC-Kartengröße
ausgehändigt, auf der der Name steht und auf der das zu besuchende Spiel
quasi "aufgeladen" wurde.
Bei den nächsten Spielen kann man sich dann einfach wieder das betreffende
Spiel aufladen und erhält so Zutritt. Eigentlich ne ganz schicke Sache,
jedoch sind mir schöne Tickets in Papierform natürlich viel, viel
lieber.
Wir hatten jedenfalls unseren Zutritt gesichert und zudem noch
rund eineinhalb Stunden Zeit, um uns das Stadionumfeld genauer anzusehen.
Das Ganze war schon ganz was anderes als Birmingham einen Tag vorher. Hier scheint
das ganze Viertel irgendwie auf den Beinen zu sein, wenn die "Hammers"
zu Heimspiel bitten.
Der Boleyn Pub auf der Straßenecke war voll bis obenhin und auch sonst
herrschte reges Treiben auf der Green Street. Krönung des Ganzen war sicherlich
der Moment als ich dort auf Cass Pennant traf. Jener Cass Pennant war in den
später 70ern sowie in den frühen 80ern, als die Hooligankultur in
England seine Hochzeit hatte, führendes Mitglied der InterCity Firm (ICF),
welche damals zu den größten und gefürchtesten Gruppen der Insel
gehörte.
Heute schreibt Mr. Pennant seine Erlebnisse aus der damaligen
Zeit in Büchern, wie "Congratulations, you have just meet the ICF",
"Terrace Legends" usw. usw. und steht damit in den Bestsellerlisten
Englands.
Entlang der Green Street war er heute mitsamt einem kleinen Verkaufsstand anwesend,
von dem aus er seine Bücher und einige T-Shirts verkauft.
Ich schlug sofort bei zwei schicken ICF Shirts zu (welche ich jedoch später
im Bis liegen ließ!! Wirklich ärgerlich!!!), der Jan legte sich ebenfalls
ein Shirt zu und erstand eine handsignierte Ausgabe von "Terrace Legends".
Man stelle sich das ganze Szenario mal übertragen auf
Deutschland vor. Da tourt ein Typ vor 25 Jahren mit einer der schlimmsten Firms
überhaupt durch ganz Europa, hinterlässt vermutlich oftmals eine Spur
der Verwüstung und steht heute da, verkauft massenweise Bücher und
wird von zahlreichen Menschen hoch angesehen (Familienväter mit Kind auf
dem Arm baten um Autogramme und Fotos undundund).
Später stieß dann noch sein Kollege Bill Gardner dazu aber für
uns wurde es Zeit das Stadion zu betreten.
Der Centenary Stand Lower, also Unterrang, sollte es sein und es ist schon geil,
wie nah man hier am Spielfeld sitzt. Sowieso gefällt mir das Stadion wirklich
sehr gut, da man wie gesagt sehr nah am Geschehen ist und sich alle vier Tribünen
zumindest etwas unterscheiden, wobei die Tribünen auf den Geraden deutlich
in Bauart und Höhe varieren.
Die Gäste aus Manchester waren ebenfalls auf unserer Tribüne untergebracht,
wobei es so um die 1.500 gewesen sein dürften (schwer zu schätzen,
vielleicht auch 2.000).
Allerdings ließ sich auch hier nur ein Bruchteil ab und zu mal was von
sich hören, während die meiste Zeit geschlafen wurde.
Ähnlich verhielt es sich natürlich mit dem Heimanhang. Lediglich zum
Einlaufen der beiden Teams wurde das schöne Vereinslied "Forever blowing
Bubbles" eingespielt, woraufhin nahezu das gesamte Publikum mitsang und
ich erste Anzeichen von einer Gänsehaut verspürte.
Da ist es doch eigentlich doppelt schade, dass gesanglich nicht mehr viel geht,
wenn man doch weiß, dass das Potenzial durchaus noch vorhanden ist. Wirklich
schade.
Trotzdem hatte das ganze Ambiente irgendwie das Flair, was
ich am Vorabend vermisst hatte auch wenn das Gekicke auf dem Rasen lange nicht
an das Niveau vom gestrigen Kick ran kam.
ManCity`s Beasley erzielte in der 83. Minute das einzige Tor des Tages und sorgte
dafür, dass West Ham in dieser Spielzeit weiterhin einzig und allein gegen
den Abstieg spielt und mit dieser Leistung arge Probleme bekommen wird.
Nach dem Spiel dann noch kurz die Nahrungsvorräte in nem
Shop auf der Green Street aufgefüllt ehe ein wenig Kultur bzw. Sightseeing
auf dem Programm stand. Man will ja nicht als völliger Kulturbanause dastehen.....
London Bridge und Tower of London wurden betrachtet; beides kannte ich aber
schon, hinzu kam teilweise starker Regen mit Wind, sodass es auch hier am Ufer
der Themse irgendwie nicht sooo fetzte und man sich wieder zur Victoria Station
begab.
Hier fand man recht schnell so eine Art Pizzeria, in der heute "All you
can eat" (Pizza, Nudeln und Salat) auf dem Programm stand. Das Ganze für
6 Pfund, was uns natürlich sehr gelegen kam und wir uns folglich den Bauch
gut voll schlugen.
Schön vollgefressen begaben wir uns dann so langsam zurück zur Busstation,
von wo aus es zurück zum Flughagen gehen sollte.
Komische Begegnung hier als der passende Bus direkt vor uns anhielt, wir sichtbar
und abfahrbereit am Bürgersteig standen, der Busfahrer nur kurz guckte
und dann einfach weiter fuhr und im Großstadtgewirr Londons verschwand...
Häää?
Aber alles halb so schlimm, der nächste passende Bus folgte
kurze Zeit später und der Fahrer dieses hatte nun die Ehre nur uns beiden
zurück zum Flughafen zu kutschieren.
Hier galt es nun ein geeignetes Schlafplätzchen zu finden und nach kurzer
Suche wurde der Platz hinter so nem Suppenhäuschen für gut befunden.
Gestört wurde die Nachtruhe lediglich durch etwas Lärm ab und an,
so zum Beispiel durch das laute und schrille Lachen einer weiblichen englischen
Hakennase, die sich aber auch nach einiger Zeit wieder aus dem Staub machte
(Zitat: "Noch fünf Minuten und ich dreh der Alten den Hals um....").
Beim Einchecken am nächsten Morgen traf ich noch völlig überrascht nen Bekannten mit dem ich damals zusammen die Berufsschule besucht hatte und den ich nun seit nunmehr sechs Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sachen gibt's.....
Rückflug verlief dann auch glatt, weder Nebel noch Terror kamen dazwischen und so konnte am Abend das abgelaufene Jahr zu Hause im Freundeskreis verabschiedet werden.
Alles Lesern meiner Page wünsche ich in diesem Zusammenhang
natürlich ein gutes und vor allem gesundes Jahr 2007.
Ich mach jetzt erstmal "Winterpause". Neuigkeiten sind hier so etwa
Anfang bis Mitte Februar zu erwarten...
Bis dahin..... Sportliche Grüße!!!