Berliner AK 07– VfB Germania Halberstadt 4:2

12.09.2021

Poststadion Berlin

Regionalliga Nordost

Zuschauer: 447 (ca. 9 Gäste)

 

Die Nacht war – mit Ohrstöpseln im Ohr – recht geruhsam, trotzdem (oder deswegen) brauchte ich beim Klingeln des Weckers um kurz nach 7 ein paar Sekunden, mich zu sortieren. Dachte ich zuerst ich sei zuhause, realisierte man recht schnell, dass man in Polen ist und heute noch ein paar Kilometer westwärts vor sich hat. Hilft ja nix, es ist das Leben, das wir wählten….

Also saß man eine knappe Stunde später wieder im Auto. Dass ein wesentliches Teilstück der Strecke Legnica >> deutsche Grenze aus Baustellen besteht, in denen man offiziell nur mit 60 km/h voran kommt, wusste ich nicht. Das Zeitpolster war zum Glück recht großzügig und so erreichte man irgendwann die Randbezirke der Hauptstadt.

Heute sollte dann endlich das Trauma aus dem Jahre 2012 bewältigt werden. Aber was war damals passiert?

Am Mittwoch, den 21. März 2012 hatte der SVM die ehrenvolle Aufgabe zu solch attraktiver Uhrzeit von 16 Uhr beim Berliner AK zum einem Nachholspiel der Regionalliga-Nord anzutreten. War der Schreiber dieser Zeilen damals noch fest entschlossen, diesem Kick live vor Ort beizuwohnen, so hatte der Fahrer eines 40-Tonners andere Pläne und blockierte mit seinem Gefährt auf Höhe Braunschweig spontan die A2. Das ganze übrigens auf der Seite liegend und sich einmal quer über die Fahrbahn erstreckend. Es ging für den roten Rennford weder vor noch zurück, lediglich die Ankunftszeit auf dem Navi verschob sich konstant nach hinten. Irgendwann hatte dies zur Konsequenz, dass man die Jungs und Mädels aus dem Emsland nur noch bestenfalls zum Abpfiff hätte begrüßen können und so fand die 5:1-Niederlage vor bemerkenswerten 87 zahlenden Zuschauern ohne mich statt, während ich mich bereits leicht verstört auf dem einsamen Rückweg nach Meppen befand.

Das altehrwürdige Poststadion wartet seit dem und bis zum heutigen Tag sehnsüchtig auf meinen Besuch, der dann heute fix stattfinden sollte. Kollege Blaubacke als SVM-Allesfahrer wohnte dem o. g. Kick bei und hatte daher schon sein imaginäres Kreuz hinter das altehrwürdige Stadion gesetzt. Nicht schlimm, denn in solch einer Stadt wie Berlin lässt sich problemlos ein Alternativprogramm finden, welches mit BFC Dynamo gegen Chemie Leipzig sogar ein ganz feines war. So kurvte ich also von Süden kommend einmal quer durch die Stadt durch so Bezirke wie Neukölln und Friedrichshain und musste höllisch aufpassen, nicht so ein Exemplar der Gattung Hauptstadt-Hipster versehentlich vom Retro-Rennrad zu holen, ehe ich meinen Beifahrer in Hohenschönhausen vorerst verabschiedete. Hier gibt es keine Hipster, dafür Plattenbau und kernige Fußballasis. Schön hier!

Viel Spaß, für mich geht’s indes weiter nach Mitte bzw. Moabit, wo Mitten im Herzen Berlins das Poststadion steht. Streng genommen ist es ein gar nicht mal so kleines Sportzentrum mit allerlei Fußballplätzen, Skateranlagen usw., dessen Herzstück eben das Poststadion, Heimat des Berliner AK, ist, zu welchem man heute für nen Zehner Zutritt erhielt.
Dieser Ground sprüht nur so vor Tradition, auch wenn ich ihn mir baulich sogar noch etwas geiler vorgestellt hatte. Zudem waren sämtliche Bereiche bis auf die wirklich schöne Haupttribüne gesperrt, sodass eine kleine Fotorunde heute weitgehend ausfiel. Sowas nervt mich ja immer wie Sau, aber ist natürlich auch Jammern auf ganz hohem Niveau. Kacke ist's trotzdem. Freie Wege für freie Bürger.

Naja, jedenfalls wurde an diesem Ort ordentlich Fußballgeschichte geschrieben, so insbesondere in Zeiten der Weimarer Republik und den frühen Jahren der Naziherrschaft, als z. B. 1934 das deutsche Fußballendspiel zwischen Schalke und Nürnberg vor 45.000 Zuschauern stattfand. Der Besucherrekord liegt offiziell gar bei 55.000, die zum Spiel der Nationalmannschaft gegen Norwegen im Jahre 1936 anwesend waren. Selbst der Scheitelmann aus Braunau am Inn soll hier mindestens einmal ein Spiel gesehen haben, welches er aber Gerüchten zu Folge vor Abpfiff verlassen haben soll, also streng genommen nicht kreuzen konnte. Ob die Groundhopping-SS damals anwesend war, und sich diesem Fall angenommen hat, konnte bislang jedoch nicht recherchiert werden.

Heute hingegen finden sich überschaubare 447 Zuschauer ein, Ex-Meppens Fabian Senninger sitzt paar Meter von mir entfernt mit paar Kumpels; ich verzichte aber darauf ihn anzulabern. Etwas unerwartet wird der Berliner AK von einer Hand voll Fans gelegentlich akustisch unterstützt, warum aber einige dieser Typen Englisch sprechen, lässt mich ratlos zurück. Ist ja grundsätzlich in Berlin nicht unüblich, hatte ich hier aber nicht erwartet.

Ebenso wenig, wie dass eine Bullibesatzung sportlich gekleideter Lads aus Halberstadt anwesend ist, welche gelegentlich einen „Hal-ber-stadt-Chant“ von sich hören lässt und zu Mitte der zweiten Halbzweit irgendwie mit irgendwas Trouble hat und daher das Stadion verlässt, um sich nach Abpfiff mir vor dem Stadion im Bullenkessel zu präsentieren. Ziemlich geschenkter Tag für die Jungs würde ich sagen, zumal es für die Gastmannschaft nach zweimaliger Führung noch eine kernige 4:2-Niederlage setzt. Der Berline AK bleibt somit dem Spitzenreiter aus Hohenschönhausen auf den Fersen. Eben hier wurde nach Spielende ja noch der Blaubacke eingesammelt, der von einem unterhaltsamen Spielbesuch inmitten von Atzen mit fragwürdigen politischen Ansichten berichten konnte, ehe es die rund 5 Stunden auf den Heimweg ging.