Zum Abschluss eines, alles in allem, recht cool verlaufenen Jahres 2006 sollte
es auf die Insel gehen, da dort - im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen
Ligen - der Ball auch zwischen den Feiertagen nicht ruht!
Wie vereinbart stand ich also (fast) pünktlich um 5:30h bei Kollege Jan
vor der Haustür, wo dieser sogar schon auf mich wartete.
Ziemlich exakt zwei Stunden später war der Niederrheinflughafen in Weeze
erreicht und einige Zeit später hob auch schon der Ryanair Flieger gen
London-Stansted ab
Von hier aus ging es dann per Bus, welcher gegenüber dem Stanstedexpress
zwar die langsamere aber dafür kostengünstigere Alternative darstellt,
ins Zentrum Londons, genauer gesagt zur Victoria Station, wo es noch knapp zwei
Stunden abzugammeln hieß ehe es per Megabus.com erneut Richtung Norden
nach Birmingham ging.
Klingt alles n bisschen wirr (ist es ja eigentlich auch) aber war letztendlich
immer noch die günstigste Reisemöglichkeit und genau darauf kommt
es im teuren England ja an.
Megabus.com ist eigentlich ne ganz gute Sache und ermöglicht
es prinzipiell weitere Strecken innerhalb der Insel vergleichsweise günstig
zurück zu legen.
Das Prinzip ist hierbei ist ähnlich, wie das der Billigairlines. Wer früh
bucht, kann echte Schnäppchen schlagen. Nach der Buchung erhält man
dann eine Reservierungsnummer, welche es vor der Abfahrt beim Busfahrer vorzuzeigen
gilt.
Eine spontane Mitfahrt ist also nicht möglich, sofern vorab nicht reserviert
wurde.
Ansonsten auf jeden Fall, wie gesagt, ne gute Sache.
Während der etwa dreistündigen Fahrt wurde etwas Bier getrunken, bisschen
gelabert und ansonsten apathisch aus dem Fenster auf die triste englische Landschaft
gestarrt.
Ich war jetzt schon ein paar Mal hier aber immer noch suche ich nach einem schönen Fleckchen England..... Ob es dieses überhaupt gibt? Ich wage es zu bezweifeln....
In Birmingham angekommen erfuhr man dann auch sogleich, was
unter "typisch britischem Wetter" so verstanden wird, denn es peitschte
einem der Regen mitsamt orkanartigen Windböen ins Gesicht. Aber macht nix!!
Wenn Insel, dann auch richtig!
Nach einiger Verwirrung und bisschen Rumfragerei war dann auch der Weg zum Stadion
bzw. zum angemieteten Zimmer im Formel 1 Hotel, welches sich nur einige Meter
vom St. Andrew`s Stadium befindet, klar.
Etwa 25 Minuten strammer Fußmarsch sollten übrigens von der Megabus
Haltestation zum Stadion/Hotel eingeplant werden.
Nach Einchecken und kurzem Frischmachen ging es auch direkt
weiter zum Stadion, welches typisch englisch inmitten eines Wohngebietes liegt
und es teilweise wirklich schwierig macht, den richtigen Eingang zu finden,
da man urplötzlich - einmal falsch abgebogen - wieder zwischen irgendwelchen
Häusern herumirrt und sich den Weg zu den Stadiontoren erneut weitläufig
bahnen muss.
So verging doch tatsächlich einige Zeit ehe man das "Main Stand Office"
gefunden hatte und dort seine vorab reservierten Tickets in Empfang nehmen konnte.
15 Pfund waren für ein Ticket auf einer der beiden Hintertortribünen
zu berappen, was heute sogar noch recht günstig war, denn der Birmingham
City FC hatte zum Familientag geladen, was vergünstigte Tickets für
Papi, Mami und die Kleinen bedeutete.
Zudem verteilte irgendein Sponsor diese unsäglichen länglichen aufblasbaren
Dinger, die ein nerviges Geräusch ergeben, wenn man sie gegeneinander schlägt.
All dies lies böses erahnen und wurde im Wesentlichen auch bestätigt,
als man den Ground betrat.
Viele kleine Kinder, die natürlich an diesen Aufblasdingern ihre helle
Freunde hatten; englische Atmosphäre hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt,
aber OK, dass diese Tage leider weitestgehend gezählt sind, wusste man
ja vorher.
Während der Jan den St. Andrew`s Ground für ganz gut befand, konnte ich mich nicht so recht mit diesem anfreunden, erinnerte er mich mit seinen blauen Sitzschalen und seinen drei grunderneuerten gleichartigen Tribünen doch irgendwie stark an Holland. Lediglich der "Main Stand" auf der Geraden versprüht noch etwas Flair längst vergangener Tage und konnte mich erfreuen.
Zur Stimmung? Tja, was soll ich schreiben? Einfach nur traurig
wie kaputt die Fanszene der meisten englischen Vereine mittlerweile ist und
die so oft zitierte englische Atmosphäre wohl nur noch in den Geschichtsbüchern
weiterlebt.
Trotz der knapp 25.000 anwesenden Zuschauer (oder soll ich lieber "Konsumenten"
sagen?) herrschte überwiegend ein Geräuschpegel wie bei den meisten
Kreisligisten.
Was prinzipiell möglich ist, blitze nur einige Male ganz kurz durch, als
so etwas wie Gesänge durch Stadion schallten aber urplötzlich verstummten.
Sehr komisch irgendwie, sobald mal so etwas wie Lärm aufzukommen schien,
verstummten die Gesänge urplötzlich und es kehrte wieder eisiges Schweigen
ein.
"Shame on you, Birmingham. You `re not singing anymore!"
Dazu muss man bedenken, dass Birmingham aktueller Spitzenreiter
der Coca-Cola Championship (zweithöchste Spielklasse) ist und allein daher
schon mehr Begeisterung von den Rängen kommen könnte.
Nicht viel besser waren da die etwa 500 mitgereisten Gäste aus Luton, die
sich zwar einige Male bemerkbar machten, aber auch nicht besonders geschlossen,
durchschlagskräftig oder ausdauernd sangen.
Um diesem Spielbesuch doch noch etwas positives abgewinnen
zu können, lässt sich sagen, dass das Spiel wirklich sehenswert war.
Hohes Tempo, schnelle Spielzüge und ein Gästeteam aus dem unteren
Tabellendrittel, welches hervorragend mithielt und somit auch eine vorherige
Führung der "Blues", so werden die Kicker der Heimelf genannt,
egalisierte und sogar in der 77. Minute in Führung ging.
Für viele der angesprochen Konsumenten auf den Rängen ist dies Grund genug, das Stadion vorzeitig zu verlassen und es erfüllte mich mit Genugtuung in der 90. Minute zu sehen, wie Birmingham Spieler Neil Denns doch noch das 2:2 erzielte und seinem Club einen glücklichen Punkt gegen starke Gäste sichert.
Nach dem Spiel warteten wir noch etwas bis sich die Ränge rasch geleert hatten und machten uns dann mit gemischten Gefühlen auf zum nahegelegenen McDonalds.
Einerseits war das Spiel wirklich gut und schnell und zudem
war es interessant zu sehen, was englische Schiris so alles durchgehen lassen.
So etwas ist dann wohl die "britische Härte"!
(Luton Spieler Markus Heikkinen wurde in der zweiten Halbzeit mit gebrochenem
Bein von Platz getragen).
Anderseits ist es einfach nur traurig, was mit der englischen Fankultur passiert
ist. Da sieht man einmal mehr, wie wichtig eine starke Ultrakultur als Gegenpol
zu allen Fehlentwicklungen im und um den Fußball ist!
However, bei einem Bier auf dem Zimmer ließen wir den Tag ausklingen und fielen schnell ins Reich der Träume!