Chelsea FC - Norwich City FC   4:1

06.10.2012

Premierleague

Stamford Bridge

Zuschauer: 41.784 (ca.2.000)

 

 

Der letzte Trip auf die Insel ist nun auch schon wieder knapp drei Jahre her; Kinners wie die Zeit vergeht. Das eigentliche Vorhaben hier ein Mal pro Jahr aufzuschlagen, klappt also hervorragend, was die Umsetzung angeht.
Mit den Chelsea und Tottenham Heimspielen hatte man sich bereits vor einigen Monaten ein feines Wochenende herausgepickt, Ryanair offerierte den Hin- und Rückflug ab Eindhoven für 50 Euro und der Jan war schnell von der Planung überzeugt. Etwas komplizierter gestaltete sich die Kartenfrage beim derzeitigen Championsleague-Sieger, dem die Zuschauer spätestens seit diesem Titel die an für sich zu kleine Hütte einrennen.

Jeden Tag mal ein bisschen die Verkaufsfristen auf der Homepage beachtet, war schnell klar, dass keine Karten mehr in den General Sale (also der Verkauf an Nicht-Mitglieder) gehen würden. Einen Joker hatte man aber noch in der Hand, nämlich einfach mal die Anfrage über das Gästeteam aus Norwich. Wir zwei sind ja ohnehin- wie ja sicher jeder weiß- die derbsten Norwich-Hools und siehe da; zwei Tickets werden für uns am Stadion zur Abholung hinterlegt.

Über den Ticketpreis von 50 Pfund je Stück legen wir jetzt dezent mal den Mantel des Schweigens. Schon krank, wenn die Eintrittskarte mehr kostet als der Hin- und Rückflug zusammen. Naja, Premierleague halt.

Aber gut, konnte also losgehen. Anreise ja fast schon Routine; früh (viel zu früh) vom Jan abgeholt worden und etwa vier Stunden später für den kurzen Flug über den Ärmelkanal nach Stansted gestartet. Hier angekommen noch ne gutenStunde mit'm Bus zur Liverpool Street.
Als Unterkunft für die kommende Nacht hatten wir uns das Comfort Hotel Harrows im gleichnamigen Vorort im Londoner Nordwesten ausgeguckt. Für knapp 30 Euro pro Person für hiesige Verhältnisse ja fast günstig.

Der Weg hierhin gestaltete sich aber dann etwas nervig, da im Londoner Undergroundnetz fleißig gebaut wird, und man so übelste und vor allem zeitaufwendige Umleitungen fahren muss. Irgendwann gegen Mittag aber dann angekommen, kurz die Sachen aufs Zimmer und gleich wieder weg. Zimmer an sich übrigens soweit ganz ok, sehen wir mal von dem übel riechenden Teppich auf dem Flur ab. Hätte der auf'm Zimmer auch so "geduftet" ich wäre gleich wieder geflüchtet.

Naja, und 7 Pfund für die Herausgabe des WiFi-Passworts zu verlangen, ist dann auch nicht die feine englische Art.

Aber egal, sind ja nicht zum Urlaub hier, sondern um Fußball zu gucken. Und da es in gut zwei Stunden los geht, ist jetzt etwas Eile geboten. Ging man anfangs bei Landung in London um 9:30 und Anstoß um 15 Uhr noch von einem überaus großzügigem Zeitpolster aus, so rann die Zeit jetzt durch die Finger wie Sand in einer  Sanduhr.

Vor allem das wirre Umhergekurve in überfüllten U-Bahnen aufgrund angesprochener Baustellen ging mir persönlich mächtig auf den Sack. Rund ne halbe Stunde vor Kick Off dann an der Station Fulham Broadway angekommen, in deren unmittelbarer Nähe der Stamfort Bridge Ground liegt.

Schnell die Karten abgeholt und zum passenden Eingang. Hier versucht dann eine Horde Stewards die wartende Menge in drei Schlangen einzuteilen. Eine für Gästeblock Oberrang, eine für Gästeblock Unterrang und eine für Heimfans.

Hier dann leichte Konfusion, die in erster Linie von den Hektik machenden Ordnern verursacht wurde. Zudem ritt noch ein Cop auf seinem Gaul völlig sinnlos durch die Menge. Nachdem man - ohnehin schon arg unter Zeitdruck- dann aus Schlange 1 in Schlange 2 geschickt wurde, platzte dem leicht cholerischen Jan der Arsch und er beschimpfte den Steward als, ich zitiere, " Fucker". 

Ich dachte schon " Geil, jetzt geht der in Back". Passiert ja hier schneller als bei uns, da der Engländer so ein Verhalten nicht mag und sogar ein Gesetz gegen asoziales Verhalten hat, sogenannte ASBOs (anti-social behaviour Order), aufgrund dessen man auch mal für „Kleinigkeiten“ härter bestraft wird als bei uns. Ich war natürlich bereit ihn im Falle einer Festnahme freizukämpfen aber leider sah sich durch den deutschen Pöbler niemand wirklich genötigt zu handeln. Schade!
Naja, schlussendlich drei Minuten vor Anstoß im Gästeblock Oberrang Platz genommen. Stadion typisch britisch; sehr kompakt mit großer Nähe zum Spielfeld. Stimmung dagegen leider auch typisch britisch, von Chelsea hatte ich eh nix erwartet aber einen Funken Hoffnung hatte ich in die rund 2000 Anhänger der Canaries (die Vereinsfarben Grün und Gelb sind sicherlich Ursache für diesen Spitznamen, zedem trägt man einen Kanarienvogel im Wappen) gelegt. Aber auch die bekamen so recht nix gebacken. Zwar kam nach dem überraschenden 0:1 durch Holt (nein, nicht unser Michi; dieser hieß Grant) so etwas wie Support auf, der aber viel zu schnell wieder verebbte; gleichso wie die die sich gerade im Begriff zu entstehen seiende Gänsehaut.
Hach, was ist hier bloß falsch gelaufen? Welch paradiesisch erscheinende Zustände haben wir hingegen in Deutschland?
Aber die Antwort ist ja eigentlich ganz einfach: Die Leute kommen hierher, um guten Fußball zu sehen, um eine Show mit möglichst vielen Superstars geboten zu kriegen.
Und die wurde zur Rettung des Nachmittags in der Tat geboten. Chelseas Ensemble nun durch den kleinen Nadelstich des aufmüpfigen Underdogs etwas angefressen, schaltete mal kurz einen Gang höher und zerlegte die Gastmannschaftdurch Tore von Torres (14.), Lampard (22.), Hazard (31.) und Ivanovic (76.) standesgemäß.

Gut, die Konsumenten auf den Tribunen waren zufrieden über diesen Pflichtsieg und die verteidigte Tabellenführung. Letztendlich auch für uns ein ganz cooler Nachmittag, ich wiederhole mich ja eigentlich jedes Mal, aber obwohl der Fußball auf der Insel recht teuer ist, die Stimmung meist scheiße, so übt das alles auch eine gewisse Anziehungskraft aus, die schwer zu beschreiben bzw. zu erklären ist.

Vielleicht sind's die Kleinigkeiten: der Geruch nach Fish and Chips, die Stadien inmitten von Wohnblocks, die Nähe zum Spielfeld, die geilen Flüche der Tommys während des Spiels, der Papa, der seine freudig strahlenden Söhne an der Hand quer durch London durch die Metro führt, um zum Spielort zu kommen, alle im Trikot wohlgemerkt, die Leute, die kurz vor Anpfiff noch hektisch ihre Wettzettel ausfüllen und nicht zuletzt das meist schnelle und offensive Spiel, bei dem zumindest gefühlt weniger unterbrochen wird als hierzulande.
Nach dieser Ode auf den englischen Fußball darf natürlich der Besuch bei der Fresh Pizza Company in der Victoria Station nicht fehlen, ehe der Tag auf dem Zimmer bei ein paar Kannen Bier sein Ende findet.

Cheers!