FC Dinamo Bucuresti – FC Steaua Bucuresti   2:1

17.10.2010

Stadionul Stefan cel Mare

Liga I

Zuschauer: 15.000 (700)

 

Am nächsten Morgen hieß es ausschlafen und frühstücken, ehe diverse Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden mussten. Fußball stand heute nicht auf dem Plan, da nix los in Bukarest und näherer Umgebung! Zwar kickt Steaua II um 11 Uhr aber da hatten wir beide irgendwie keinen Bock, dort zwischen vielleicht 100 anderen für  neunzig Minuten auf ner Wiese im Regen zu stehen. Also zunächst mal beim Stadion von Dinamo vorbeigeschaut, um vielleicht mal in Sachen Karten fürs morgige Derby etwas schlauer zu werden. Der Ground liegt unmittelbar an der Metrostation Stefan cel Mare und tatsächlich dauert es nicht lange und man wird angesprochen, ob man noch ein Ticket brauche (wohl gemerkt einen Tag vor dem Spiel asseln die hier rum und verticken ihre Karten).  Lange Rede kurzer Sinn. Wenig später wechseln zwei Karten auf Höhe der Mittelinie zu je 100 Lei den Besitzer und der Typ machte wohl innerlich Luftsprünge ob des plötzlichen Reichtums. Aber geht schon ok, die Karten waren ohnehin schon teurer als normal, da wohl sowas wie Topspielzuschlag oder so…

Diesen Punkt also leichter als gedacht abgehakt und somit den Rest des Tages für etwas Kultur verwendet. Bukarest bietet in dieser Hinsicht auf den ersten Blick jetzt nicht sooooo viel, zumindest dann nicht, wenn man nicht auf gammlige Plattenbauten oder kommunistische Monsterbauten steht. Also mal zum Nordbahnhof und beim McD das Mittagessen einnehmen. Krass übrigens, welchen Schicksalen man hier begegnet. Hier und da sieht man nämlich sowohl Alt als auch Jung am Klebstoff schnüffeln. Was das Zeug mit einem menschlichen Gehirn schon nach kürzerer Zeit anrichtet, kann man sich sicherlich vorstellen, vor allem dann, wenn derjenige sich ständig mit einem imaginären Gegenüber unterhält. Sieht man also einen max. 12-Jährigen ohne Hoffnung eine gute Zukunft, wird einem erst wieder bewusst, wie gut man es doch eigentlich hat, wie behütet man aufgewachsen ist und dass es vielleicht wichtigere Dinge gibt, als sich darum zu streiten, ob man jetzt 38 oder 40 Stunden die Woche arbeiten muss…..

Weiter gings zum Bereich rund um die Universität, wo es eine ganze Reihe netter Kneipen und Clubs gibt und man beschloss, gegen Abend hier wieder aufzukreuzen. Abschließend wurde noch Bukarests Sehenswürdigkeit Nummer 1 abgelaufen. Der Präsidentenpalast.

Nach dem Pentagon zweitgrößtes Bauwerk der Welt und Symbol des absoluten Größenwahns; erbaut vom 1989 gestürzten Diktator Nicolae Ceausescu und zwar nachdem hunderte Einwohner umgesiedelt  und ganze Straßenzüge abgerissen wurden. Schon sehr krass. Anschließend noch in nem Einkaufszentrum rumgelungert, wo sich schon der wohlhabendere Teil der Bevölkerung tummelte. Preise für Klamotten, Schmuck usw. hier übrigens ähnlich wie bei uns. Der Rest des Nachmittags wurde dann auf dem Hotelzimmer vertrieben, ehe es gegen Abend nochmal losging, um besagtes Viertel auf Partytauglichkeit zu prüfen und ich muss sagen; Bukarest kann mehr als erwartet: Jede Menge coole Pubs, Kneipen, Clubs voll mit jungen Leuten, sodass man teilweise gar nicht mal mehr rein kam. Wäre ich nicht dummerweise auf Antibiotikum gewesen, hätte das hier heute richtig hart enden können, aber so strich man kurz vor Mitternacht die Segel und konnte im TV noch Zeuge werden, wie Klitschko seinen Gegner windelweich kloppt, ohne selber überhaupt nur einen Treffer hinzunehmen. Wahnsinns Typ. Naja, hier muss man jedenfalls nochmal zum Saufen her. Der nächste Tag ist bis zum Abend schnell berichtet. N bisschen in der Stadt umhergelaufen; zufällig ist in der Innenstadt noch Bukarest-Marathon, also mal ein paar Läufer supportet, ehe es gegen Abend zum Stadion ging. Metrostation Stefan cel Mare ausgestiegen und fix die Station verlassen. Oh Hallo, der Dinamo Pöbel ist schon da und wir mitten drin, also mal schnell raus aus der Menge und die Straßenseite gewechselt. War ne recht gute Entscheidung, denn keine zwei Minute kommt es an besagter Stelle zu Rennereien, ein paar Typen werden über die Straße gejagt, wobei der eine zu Fall kommt und ein paar Tritte hinnehmen muss. Komischerweise hatte auch er nen roten Dinamoschal um, also sehr suspekt alles. Ganze Atmosphäre jedenfalls sehr angespannt, man konnte das Derbyfeeling quasi in der Luft knistern hören. Am Haupteingang kommts daher auch nochmal kurz zu etwas Bewegung als einige Dutzend versuchen, den Eingang zu stürmen, die Cops aber auf der Höhe sind. Ich find dies ganze Feeling ja total geil aber insgesamt wurde es nun doch zusammen mit der einsetzenden Dunkelheit zu unübersichtlich, sodass wir entschieden, ins Stadion zu gehen. Das Stadion Stefan cel Mare kommt der Vorstellung von einer (kleinen) „Ostblockschüssel“ schon recht nahe; durch seine ovale Form recht weitläufig und komplett mit roten und weißen Sitzschalen ausgestattet, wobei die Ränge auf der Geraden, wo sich auch ein kleiner überdachter Bereich befindet, am höchsten sind, um anschließend wieder abzufallen und auf der gegenüberliegenden Seite, wo sich ebenfalls ein kleiner überdachter Bereich finden lässt,  nur halb so hoch zu sein.  Jeder verstanden? Nein? Macht nichts….

Gäste vom rumänischen Rekordmeister Steaua fanden sich jedenfalls ca. 700 ein, was auch wohl das maximale Kontingent war. Bei denen, die angereist waren, handelte es sich meinem Anschein nach ausschließlich um feinsten Pöbel; keine Neckermänner, keinen Kutte, kaum einer unter 20 und kaum einer mit Vereinsklamotten. Wichtig vielleicht noch, dass sich die Szene Steauas seit einiger Zeit teilweise im Streik befindet, einige Gruppen den Boykott fürs heutige Derby niederlegten und wieder andere Gruppen ganz zu Hause blieben. Grund ist der polarisierende Clubbesitzer George „Gigi“ Becali. Der Typ ist sowieso der Geilste. Wurde vor gut eineinhalb Jahren festgenommen, weil er drei Diebe, die seinen Edelwagen gestohlen hatte, gefangen nahm und stundenlang misshandelte…… Die Liste solcher Storys wäre ohne Mühe fortzusetzen. Im bulgarischen Fernsehen gab er vor diesem Derby ein Interview, bei dem er auf einem goldenen Thron sitzt und dabei gestenreich ein bescheidenes 5:0 für Steaua voraus sagte. Grandios!

Nun, die verbleibenden Minuten bis zum Anpfiff beobachte ich die Kurve Dinamos, die prall gefüllt ist. Allgemein ein recht cooles Ambiente: Auf den Balkonen der angrenzenden Gebäude und Baustellen hängen Leute in allen denkbaren unbequemen Positionen, um ein paar Blicke vom ausverkauften Stadtderby zu erhaschen, über uns haben es sich einige Handwerker auf ihrer Baustelle bequem gemacht und haben quasi den Premiumplatz auf Höhe der Mittellinie. Beste Sicht also auf das gewaltige Pyroinferno, welches in der Peluza Catalin Hildan kurze Zeit nach Anpfiff den Abendhimmel erleuchtet. Untermalt mit zahlreichen Schwenkfahnen gab dies es geniales Bild ab. Die Steaua Lads hingegen fahren heute die reine Pöbelschiene und werfen Feuerwerkskörper in den Innenraum und vor allem Böller und Bengalos in den Nachbarblock auf die dort anwesenden Cops und Ordner. Nicht einen oder zwei Böller, nein, über zwei Minuten war dort alle fünf Sekunden eine Explosion zu hören. In Deutschland sicherlich Garant für einen Spielabbruch und zwei Seiten in der BILD, hier spricht man vermutlich noch von einem ruhigen Derbyverlauf. Derartige Szenen blieben zwar in der restlichen Zeit aus, aber gleichzeitig pendelte sich auch die Supportleistung beider Fangruppen leider auf ein nur durchschnittliches Maß ein. Bei den Gästen kann das alles zwar aufgrund der momentanen Situation gar nicht richtig bewertet werden und auch der Gästeblock an sich ist ja durch seine Bauweise absolut stimmungsfeindlich, aber bis auf ein paar kompakte Hüpf- und Klatscheinlagen kam da recht wenig. Zudem hing nur eine Zaunfahne (Skins), was das Bild noch trostloser machte.

Etwas besser – aber auch nicht richtig gut -  hingegen der Dinamoanhang gegenüber. Paar Mal wurde es recht laut aber der endgültige Kick fehlte mir irgendwie, zumal die Mannschaft in der ersten Hälfte einen Rückstand auf ein 2:1 drehte. Allein aus dem Grund müsste da im Derby eigentlich mehr kommen. Um nicht falsch verstanden zu werden, es war keine Enttäuschung (wobei ich keines meiner besuchten Spiele als Enttäuschung bezeichne, da es immer so viele kleine Dinge gibt, die mich begeistern, vor allem im Ausland) aber für ein Stadtderby wars stimmungstechnisch über weite Strecken zu wenig.

Nach dem Spiel zurück ins Hotel und am nächsten Morgen Rückflug gen Dortmund.

Ganz interessant noch die Taxifahrt zum Bukarester Airport. Der Fahrer war ein cooler Typ, hörte im Auto Rammstein (auch im Stadion von Dinamo lief gestern Musik dieser Band), verdient sein Geld mit eben Taxi fahren, n bisschen Sicherheitsdienst und macht auch noch so ein wenig was mit Autos… Er erzählte ein wenig über Land und Leute und dass die Korruption im Lande zum guten Ton gehört, mit ein paar Scheinen unauffällig zugesteckt erhält man beispielsweise trotz Mängel am Auto den TÜV-Stempel und auch im Falle einer Geschwindigkeitsübertretung vermeidet man so einen eventuellen Führerscheinverlust.

In diesem Sinne: COMMANDO ULTRA GIGI BECALI