RW Essen – SC Preußen Münster
1:1
(Abbruch in der 77. Minute)
20.02.2022
Stadion an der Hafenstraße
Regionalliga-West
Zuschauer: 10.000 (800 Gäste)
Spitzenspiel in der
Regionalliga West am 26. Spieltag.
Essen als Tabellenführer (56 Punkte) trifft auf Münster (51
Punkte) und auch wenn es in dieser Phase der Saison noch zu früh ist, aus einem
späteren Ergebnis heraus in irgendeiner Form von einer Vorentscheidung zu sprechen,
so birgt das ganze ein gutes Stück Brisanz und Spannung.
Klar ist aber auch, bei einem Sieg hätte Essen ein schönes
Polster vor den Verfolgern Münster und auch Fortuna Köln.
Frage ich im Bekanntenkreis herum, wem man denn aus dieser
Haifischbecken-Liga den Aufstieg am ehesten gönne, so sind die Sympathien mit
großer Mehrheit bei Münster und irgendwie stehe ich alleine da mit meiner
Meinung, dass ich RWE mal ganz gerne in Liga 3 sehen würde, wenngleich man ob
der zweifellos vorhandenen Finanzkraft ein wahres Schwergewicht in die Liga
bekommen würde, dessen Reise dann nach Plänen der Verantwortlichen sicherlich
nicht in Liga 3 enden soll.
Naja, ich hatte jedenfalls Bock diesem Kick beizuwohnen und
sogar meine bessere Hälfte ließ sich an diesem nasskalten Sonntag von mir zu
einem After-Valentinstag-Trip zu einem kleinen Ausritt überzeugen. Fußball anne
Hafenstraße, datt is Romantik pur.
257ers Song „Zuhause“ gibt auf der 1,5-stündigen Anfahrt die
richtige Einstimmung dazu.
Herrlich is dat!
Mit 10.000 Zuschauern war das Stadion heute coronabedingt
ausverkauft und auch wenn beide Ultraszenen immer noch nicht organisiert
auftreten, so war es doch einigermaßen stimmungsvoll, weil auch zumindest
Münsters Szene immer mal wieder akustisch lautstark in Erscheinung trat und
durch paar Klatsch- und Hüpfaktionen auch optisch Signale sendete. Vom
Heimanhang hätte ich mir angesichts der Bedeutung des Spiels etwas mehr brachiale
Durchschlagskraft gewünscht, zumal die West seit längerer Zeit mal wieder gut
gefüllt war. Insgesamt war‘s aber schon ok. Oldschool halt.
Vielleicht lähmte auch das mehr oder weniger ausgeglichene
Spiel, in dem sich beide Mannschaften über weite Teile spätestens am 16er
neutralisierten, ein wenig.
So musste das Publikum dann auch bis zur 44. Spielminute
warten, bis Isaiah Young im Strafraum zu Fall kam, der Schiri auf den Punkt
zeigte und Thomas Eisfeld sicher verwandelte.
Wenig verunsichert spielte Münster jedoch in der zweiten
Hälfte mutig auf und konnte durch Wegkamp ausgleichen. Eine spannende
Schlussviertelstunde deutete sich an, aber eine hirnlose Gestalt auf der
Westtribüne hatte eine andere Vorstellung von sportlicher Spannung und
schleuderte einen Polenböller vor die Tribüne, welcher wenige Sekunden später
genau zwischen den sich warm machenden Münsteraner Auswechselspielern
detonierte. Zwei Spieler gehen zu Boden, der Schiedsrichter unterbricht das
Spiel folgerichtig und schickt beide Teams in die Kabinen. Fassungslosigkeit
und schiere Wut machen sich breit. Ein Trottel reichte heute, um alles zunichte
zu machen, von den Tribünen erschallt ein „Wir sind Essener und ihr nicht“ oder
„Nazis raus“.
Ich weiß nicht, welches Klientel sich in welchen Bereichen
der West so tummelt und welcher Gesinnung es so nachgeht, aber das Publikum
schien sich darüber einig, dass der Täter wohl eher nicht „Die Linke“ auf dem
Wahlschein ankreuzt. Wie dem auch sei, es reicht die Tat eines Dummen, um das
Spiel nach etwa 25-minütiger Unterbrechung abzubrechen, was dann heute aber
auch nur die einzige richtige Entscheidung sein kann, ebenso, dass Münster die
drei Punkte am Tisch bekommt.
Der liebe Christian Neidhart wird zuhause vorm Fernseher
vermutlich komplett durchgedreht sein, da saß er coronabedingt heute nämlich,
anstatt in der Coachingzone Platz zu nehmen.
Fazit: Aus Essener-Sicht ein absolut geschenkter Tag. Böller
sind im Gegensatz zu Bengalos kein Element der Fankultur und werden dies auch
niemals sein, da deren Einsatz den körperlichen Schaden der Umherstehenden
deutlich in Kauf nimmt.
Gute Besserung an die betroffenen Spieler aus Münster!