SpVgg Greuther Fürth – 1. FC Nürnberg

04.02.2023

Stadion Ronhof

2. Bundesliga

Zuschauer: 16.626 (ca. 4.500 Gäste)

 

 

Weiter gings in schöne Frankenland, wo um 20:30 Uhr Anstoß zum 270. Derby sein sollte.

Die wohl wenigsten Vereine können dabei behaupten, sich zum 270. Mal mit ihrem Rivalen zu duellieren und so ist das Frankenderby das älteste Derby Deutschlands, zumindest im Profifußball.

Seit 1904 treten beide Vereine im sportlichen Vergleich gegeneinander an, allerdings entstand die heutige SpVgg Gruether Fürth ja erst im Jahre 1996 durch eine Fusion der Vereine TSV Vestenbergsgreuth und der Spvgg Fürth. Aber sei’s drum.

Im Stadion Ronhof war ich erstmalig und zuletzt im Jahre 2011 und heute, also etwa 12 Jahre später erkenne ich das Stadion kaum wieder. Spätestens seit den Jahren in der 1. Bundesliga hat das Stadion mehrere Umbauten über sich ergehen lassen und wo meine Frau und ich im Hochsommer 2011 noch bei 35 Grad auf der unüberdachten Hintertorseite von der Sonne gegrillt wurden, waren heute a) die Temperaturen 35 Grad niedriger und b) findet sich ein jeder Zuschauer mit einem Dach über dem Kopf wieder. Dass das Stadion inmitten eines Wohngebietes liegt, macht die ganze Sache noch ein wenig charmanter.

20:30 Uhr, Samstagabend, Flutlicht, ausverkauftes Haus, zwei motivierte Szenen. Was will man mehr? Beide Seiten verliehen mit Choreografien dem Spiel einen würdigen Rahmen. Die Nordkurve rund um die Gruppen Horidos und Stradevia berief sich auf die Tradition des Kleeblattes und so starrte zu Spielbeginn ein wütend dreinschauender irischer Troll Richtung Spielfeld und Gästeblock, eingerahmt von zwei weiteren Leprechauns. Dazu eine blockübergreifende Fahne im Karomuster und etwas grüner Rauch. Der dazu passende Spruch „Die Nord gibt den Sound heute vor und bringt euch in Stimmung für Shamrock n’ Roll“ ergab ein starkes Intro hinsichtlich Kreativität und Umsetzung!

Dem nichts nach stand die Szene der Clubberer. Rund 4.500 hatten sich in Gästeblock und den angrenzenden Bereichen eingefunden, unterstützt wurde man dabei offensichtlich von den Freunden aus Wien (Rapid) und Göteborg (IFK) und man besann sich auf die Geschichte dieses „ewigen Derbys“, wo es vor 50 Jahren wohl zum Spielabbruch kam, weil Clubfans Feuerwerkskörper aufs Spielfeld schossen. Dazu wurde das Ganze mit Bengalos vorne am Zaun entsprechend eingerahmt.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde die Geschichte mittels einer riesigen Zeitungsseite quasi in die Gegenwart geholt und passenderweise wurde einige Raketen in die Luft geschossen sowie fanden einige Teile den Weg in Richtung Spielfeld. Der Stadionsprecher hatte mit großer Sicherheit schnell keinen Bock mehr die ewige Phrase „Liebe Fans, unterlasst bitte das Abbrennen von Pyrotechnik blablabla“ in Dauerschleife durchsagen zu müssen und nicht selten wurde kurz nach oder gar während der Durchsage der ein oder andere Leuchtstab gezündet.

Ach, was sag ich; eigentlich brannte es das ganze Spiel über mal hier mal dort, besonders cool, dass die Fürther Szene ausschließlich mit grünen Bengalos arbeitete, um nicht die Farben des Rivalen in die eigenen Kurve zu tragen. Die Nürnberger Anhängerschaft veranstaltete phasenweise regelrechte Pyroorgien, wobei dann der komplette Auswärtsblock brannte. Im äußeren Bereich der Südtribüne fand sich der harte Kern der Szene, der wohl zum Großteil aus Ultras bestand und ohne Umschweife muss man anerkennen, dass es sich hierbei um eine absolut reife und starke Szene handelt. Ein jeder schien zu wissen, was zu tun und zu lassen ist und folglich gab es am nächsten Tag von Seiten der Cops null Verletzte durch Pyro zu vermelden.

Und dann das Spiel…. Lange, ja sehr lange stand es 0:0. Mitnichten aber war es ein Langeweiler. Beide Teams (mit Vorteilen bei Fürth) spielten über weite Phasen Powerplay. Fürth verschießt einen Elfmeter, Nürnberg erzielt das 0:1, was aber wenig später unter frenetischem Jubel der Heimfans vom VAR einkassiert wird. Normalerweise geht so ein Spiel am Ende dann derbytypisch 0:0 aus.

Aber es ist erst vorbei, wenn der Schiri pfeift und so steht die Uhr mittlerweile auf 90+1, als Fürths Ragnar Ache zum 1:0 trifft.

Der Ronhof bebt, auch das ansonsten er verhaltene Tribünenpublikum rastet aus, im Fürther Block springen ein paar Jungs ekstatisch in den Innenraum, und rennen zum Torschützen.

Un!-Fass!-Bar! geil! Für so etwas lebt man doch als Fan und wohl dem, der solche Wahnsinns- Momente einmal in seiner Fankarriere miterleben darf.

Auch ich als quasi neutraler Zuschauer spüre natürlich die freigesetzte Energie und die starken Emotionen, sodass ich am Ende voll und ganz zufrieden bin. Leute ey, für sowas fahre ich- für sowas fahren wir alle  zum Fußball, für sowas nehme ich all die Kosten und Strapazen auf mich!

Auch mit ein paar Tagen Abstand war das hier heute Abend Gesehene das beste Derby, welches ich in Deutschland bislang gesehen habe, mehr geht eigentlich nicht; ich wüsste zumindest nicht, was noch hätte kommen sollen. Danke an beide Szenen und die Mannschaften für diesen starken Abend.

Punkt!