FK Kukesi – FC Sheriff Tiraspol 2:1
19.07.2017
2. Runde
CL-Quali (Rückspiel)
Elbasan
Arena
Zuschauer:
1.417
Am nächsten
Morgen konnte zunächst schön ausgepennt werden, ich hab schließlich Urlaub und
kann Stress nicht leiden.
Um zehn Uhr
ging's dann die selbe Strecke vom Vortag mit dem Bus wieder gen Tirana. Nicht
nur die Strecke war die selbe, nein auch der Bus, der Fahrer alles wie am
Vortag. Sogar das Shirt des Fahrers war identisch…
Im
proppenvollen Bus neben Backpackern aus aller Welt auch mindestens sieben (!!)
weitere groundhoppende Deutsche. Einfach nur krass, wie zahlreich dieses Hobby
mittlerweile betrieben wird. Mit zwei Jungs aus Wolfsburg (komischer Verein,
nette Typen) kam ich dann kurz ins
Gespräch, auch sie hatten - wie vermutlich alle anderen - den heutigen Abendkick
in Elbasan auf dem Zettel. Dort kickt nämlich der aktuelle albanische Meister aus
Kukes seine CL-Qualispiele, da die eigene Spielstätte den Anforforderungen
offenbar nicht gerecht wird. Würde mich ja tierisch ankotzen, meine „Heimspiele“
150 km entfernt austragen zu müssen, da 150 km in Albanien mitnichten so schnell
zu bewerkstelligen sind, wie in Deutschland.
Nach erneut
fast vierstündiger Fahrt war dann auch Tirana erreicht und nach Bezug der
Unterkunft ging es direkt weiter, denn ich musste ja noch irgendwie ins knapp
50 Kilometer entfernte Städtchen Elbasan kommen, was sich aber als problemlos
erwies, da von der südwestlichen Busstation regelmäßig Busse, Sammeltaxen usw.
fahren. So saß ich wenig später im proppenvollen Bus nach Elbasan, der ganze
Spaß kostet dann 150 Leke, was in etwa 1,20 € sind. Da kann man schonmal
Beifall klatschen.
In Elbasan
dann angekommen, fragte ich mich selbst, warum ich heute nach dem Spiel nicht
eigentlich hier übernachte und stattdessen noch nach Tirana zurück fahre, wobei
sich meine Sinnlosplanung später ohnehin noch rächen sollte. In jedem Fall kam
auch das Städtchen Elbasan sehr sympathisch rüber, viele Strassencafes und
wesentlich weniger Hektik als im lauten Tirana lassen entspanntes Urlaubsfeeling
aufkommen. Die Karte am vom Busbahnhof gesehen fußläufig erreichbaren Stadion
gab es für realpreisige 5 Euro (obwohl der Leke die offizielle Währung ist, ist
auch der Euro weit verbreitet und wird gern genommen) und mein Hunger wurde in
einer Art Park mit ein paar Fleischröllchen mit Brot und zwei halben Litern des
vorzüglich mundenden lokalen Elbar Bieres gestillt. Das Ganze übrigens für
nicht mal 4 Euro.
Unfassbar,
das Preisniveau hier, das macht Spaß! Da kann man sich schonmal besser geben,
als man eigentlich ist, um mal den Typen aus der Groundhopper-Reportage vom DSF
zu zitieren.
Etwa ne
viertel Stunde vor Anpfiff hinein in‘s weite Rund, welches für die Austragung
der heutigen Partie natürlich völlig überdimensioniert ist und daher zahlreiche
Bereiche gar nicht erst freigegeben wurden. In Tirana wird übrigens derzeit an
nem neuen Nationalstadion gebaut, so dass diese Hütte bis Fertigstellung
offizielles Nationalstadion ist.
Aus der
Stadt Tiraspol in Moldawien waren wie erwartet keine erkennbaren Gästefans
angereist, also drückte das spärlich vorhandene Publikum ausschließlich dem
albanischen Meister die Daumen. Einer kleiner ca. 40 Mann starker ultraorientierter
Haufen fand sich nebst „Mergata“- Zaunfahne hinterm Tor ein und brachte ein
wenig Leben in die ansonsten sehr triste Kulisse.
Zumindest
war es spielerisch ansprechender als der Bumms am Vortag, denn mit einer 1:0
Rückstandslast aus dem Hinspiel setzte Kukesi alles daran, das Ruder noch
herumzureißen und in die dritte Runde einzuziehen. Eine 2:0 Führung begleitet
von fanatischem Jubel der Anhängerschaft, ließ das Ziel zum Greifen nah
erscheinen, ehe Tiraspol in der 56. Minute den Anschlusstreffer erzielte, was
ja lt. Auswärtstorregel zum Weiterkommen reicht.
An Dramatik
war die Schlussphase kaum zu überbieten, denn Kukesi verschoss einen Elfer und
traf noch zwei Mal das Aluminium. Da wirste als Fan ja bescheuert, aber es
sollte einfach nicht sein…
Nach dem
Spiel durch die belebten Straßen zurück zum Busbahnhof, wo schon von weitem
meine geheimen Befürchtungen wahr wurden. Hier fährt heute gar nix mehr, alles
stockfinster. Ein junger Typ bestätigte mir, dass der nächste Bus erst um 6 in
der Frühe fährt.
Nun, acht
Stunden an nem albanischen Busbahnhof abzulungern ist jetzt nicht mein
Lebensziel, also mal einen Taxifahrer angelabert und mit Händen und Füßen in
Preisverhandlungen getreten. Bei 25 Euro wurde man sich handelseinig, keine
Ahnung ob das jetzt fair war oder der das Geschäft seines Lebens machte,
jedenfalls schien es für mich für knapp 50 Kilometer ok, zudem musste meine
eigene Naivität zu glauben,dass hier nach 21 Uhr noch Busse fahren, eh gestraft
werden. Die Fahrt an sich kann dann sicherlich mit dem Prädikat "Kult"
bezeichnet werden. Zunächst einmal dauerte es recht lange bis mein deutlich
über 60 Jahre alter Fahrer in die Pötte kam. Zunächst wurde der Klapphocker,
auf dem er vor seinem Taxi rumlungerte, in Zeitlupe im Kofferraum verstaut,
alles weitere dann ebenso "schnell". Spiegel und Sitz einstellen,
anschnallen, Brille aufsetzen, gut dass ich es nicht eilig hab...
Bevor es
dann endlich los geht, wird noch mit dem Schlagwort "Musik" eine CD
eingelegt und dort, wo andere Fahrzeuge ihr Navi haben, flimmert dieser
südkoreanische Psy über den Bildschirm und der längst verdrängte „Gangnam Style“
dröhnt durchs Taxi. Na, das kann ja heiter werden
Und wie
heiter es wurde. Das kurze Stück Autobahn wurde unter Verwendung der Lichthupe
gebrettert wie ein Irrer, zum allen Überfluss ging mitten auf der Autobahn zwei
Mal der Wagen einfach aus und die Karre mit deutlich über 400.000 Kilometern
auf dem Tacho rollte einfach so dahin, ehe der Motor dann doch nach mehr als 20
Sekunden wieder startete. Fast schon nicht mehr erwartet wurde dann aber doch
irgendwann Tirana erreicht. Ich ließ mich ein paar hundert Meter vom Hotel
rausschmeißen, bezahlte den guten Mann und erklärte nach zwei, drei
wohlschmeckenden Länderpunktbieren erneut den Tag für beendet.
Der nächste konnte
dann wieder gemächlich gestartet werden, da erst um 15 Uhr mein Bus gen Skopje
gehen sollte, von wo am nächsten Morgen mein Flieger zurück ging.
Insgeheim
hatte ich natürlich gehofft noch n Kick in Mazedonien mitnehmen zu können, was
mir aber nicht vergönnt war, da beide in Frage kommenden Vereine am heutigen
Europaleague-Donnerstag Auswärtsspiele hatten. Total ärgerlich, aber leider
nicht zu ändern. Der einzige Vorteil lag dann darin, dass ich auspennen könnte,
um mir anschließend noch ganz in Ruhe Tirana anzusehen.
Fazit:
durchaus nette, bunte, dynamische und freundlich Stadt. Kann man ruhig mal für
ein bis zwei Tage machen, zum Stadtderby komm ich eh nochmal hierher…
Die Busfahrt
am Nachmittag sollte dann das nächste und letzte Hightlight der Tour
darstellen. Das Busticket (20 Euro) hatte ich mir bereits einen Tag zuvor gekauft,
grundsätzlich wird diese Strecke von verschiedenen Unternehmen mehrmals täglich
bedient, wobei die Fahrtzeiten durchaus variieren und bis zu 11 Stunden dauern
können, weil einige Routen zunächst in entgegengesetzte Richtung fahren, um am
Küstenort Durres noch Leute einzusammeln. So ein Unfug kam für mich natürlich
nicht in Frage und so wurde die mit ca. sechs Stunden veranschlagte Strecke mit
Umstieg in Prishtina (Kosovo) gewählt.
Der Bus war
zu maximal 70 % gefüllt, ich hatte also reichlich Platz und abgesehen davon,
dass bei der Grenzkontrolle zum Kosovo ein Mitreisender mit Handschellen aus
dem Bus gezogen wurde, war es soweit ganz komfortabel.
Nach ca. 4,5
Stunden war dann der Busbahnhof in Prishtina erreicht, sicherlich kein Ort zum
Wohlfühlen…
Hier dann
alle raus aus dem Bus, ein Teil der Reisegruppe hatte sich schon bei einigen
der wenigen Stopps vorher verabschiedet, ein großer Teil verschwand nun in alle
Richtungen. Übrig blieben inklusive mir sechs Leute. Ein junges Pärchen aus
Tirana, eines aus Serbien, eine zumeist allein um die ganze Welt reisende
Studentin aus Amsterdam und meiner einer. Mit dem albanischen Pärchen und der
Niederländerin hatte ich in Tirana schon kurz gelabert und für brauchbar
empfunden. Zunächst fühlte sich keiner so recht für uns zuständig, ehe ein
dicker Typ auftauchte und uns in seinen Transporter, der genau für sechs
Personen plus Fahrer ausgelegt war, bugsierte, in dem zum Beispiel
Anschnallgurte keine vorhanden waren. Diese hätte ich aber gerne gehabt, denn
der Typ fuhr im Folgenden wie vom Teufel besessen. In Kurven überholen, die
Geschwindigkeitsbegrenzung deutlich überschreiten? Mit einem Handy ständig
telefonieren und mit dem anderen (!!) gleichzeitig irgendwelche Nachrichten
schreiben? Alles kein Problem. Ich kann ja, was Fahrstile angeht, so einiges
ertragen, aber das war selbst mir ne Nummer zu riskant und zwei, drei Mal
dachte ich echt gleich knallt’s. Wenn es denn mal irgendwann mit meinen
irdischen Dasein zu Ende gehen sollte, dann höchstwahrscheinlich so…
An der
Grenze zu Mazedonien wurde es dann nochmal fies, denn der junge Albaner wurde
herausgebeten und zum Grenzeerhäuschen geführt. Wie sich schnell herausstellte,
sollte zu Weiterfahrt eine „Transitgebühr“ in Höhe von 20,-€ gezahlt werden. Scheint
nicht unüblich zu sein. „We are Albanians, they hate us“, so die Begründung.
Eine solche
Gebühr ist ganz klar frei erfunden und existiert nur im Kopf des
Grenzer-Bastards. Natürlich wurde sich geweigert, diesen Betrag zu zahlen, was
eine lautstarke Auseinandersetzung zwischen dem Fahrer (der zu allem Überfluss
mit dem Grenzer unter einer Decke zu stecken schien…) und dem albanischen
Pärchen zur Folge hatte, wobei sich insbesondere die Frau als äußerst tough und
resolut erwies. Respekt!
Nachdem ich
schon das Schlimmste befürchtet hatte, ging es dann nach einer Weile tatsächlich
weiter, ob Geld geflossen ist oder nicht, konnte ich nicht in Erfahrung
bringen, das wurde auch nicht groß thematisiert. Jedenfalls lieferten sich die
nächsten zwanzig Minuten alle vier weiteren Mitfahrer ein lautstarkes
Wortgefecht mit dem ebenso rumschreienden Teufelsfahrer, wobei die
Niederländerin und ich uns nur verwirrt ansahen und ich echt ein paar Mal
dachte „Jetzt ist gleich Schluss, jetzt schmeißt der uns gleich alle raus und
wir stehen hier im Dunkeln irgendwo im mazedonischen Niemansland, inmitten von
Wölfen, Bären und was weiß ich noch…“
Tat er aber
überraschenderweise nicht und so wurde ich als erster irgendwann am
Airportmotel in Skopje rausgeschmissen, um hier noch ein paar Stunden Schlaf zu
finden, ehe um 6 Uhr mein Flieger gen Eindhoven gehen sollte. Am nächsten
Morgen traf ich die beiden Pärchen (sie wollten per Wizzair für eine Woche in
den Urlaub nach Malta) noch kurz und sie erzählten davon, dass es wohl noch
eine „kleine Auseinandersetzung“ (we had to fight with him) mit dem Fahrer gab,
da er plötzlich mehr Geld wollte. Kinder, Kinder….
Fazit:
Geiler Kurztrip mit vielen neue Eindrücken, Grenzen sind scheiße, Nationenhass
und nationales Denken sowieso!
Prost!