09.02.2020
Stadion Miejski
im. Marszalka Jozefa Pilsudsieko
Ekstraklasa
Ich war
heiß, denn ich hatte voll Bock auf den frühabendlichen Kick.
Ja, und
heute sollte ich dann endlich und tatsächlich den Haken an den Legia-Ground
setzen, ein Umstand, der im Jahre 2011 noch grandios scheiterte als ich mit Jan
im Rahmen einer kleinen Polentour hier ausgerechnet zum Derby gegen Polonia
auflief und dank ausverkaufter Hütte und personalisierter Karten krachend am
Einlass scheiterte.
Gut, sicherlich etwas naiv damals ohne jegliche Vorabinitiative hier
aufzuschlagen, aber so war’s nun mal.
Mittlerweile bin ich schlauer (oder vorsichtiger) und so wurde das Print-at-Home-Ticket
bereits im Vorfeld für 60 Zloty online gekauft, wobei der Ticketkauf bei Legia
recht easy ist. Das Stadion wird in den seltensten Fällen voll, selbst beim
Duell gegen Lech Poznan meistens nicht.
Nach gar nicht so einfacher Parkplatzsuche stolzierte man auf dem Weg zum
Einlass (Namensabgleich Ticket mit dem Personalausweis!!) zunächst am Gästeeingang
vorbei, wo sogleich die Busse mit den Anhängern aus Lodz, gesichert von einer
stattlichen Anzahl Robocops, vorfahren.
Auch die Gäste waren heiß und griffen das gesamte Kartenkontingent ab.
Nachvollziehbar,
denn erstens ist die Entfernung
Lodz-Warschau mit etwa 140 km unter der Bezeichnung Nahverkehr zu verbuchen und
zweitens ist es das erste Ligaspiel gegen Legia seit etwa 8 Jahren. LKS Lodz
hat sich nach der finanzbedingter Herabsetzung in 4 Liga im Jahre 2013 kontinuierlich
wieder hochgearbeitet und spielt seit Beginn der Spielzeit wieder Ekstraklasa.
Allerdings
deuten die Zeichen darauf hin, dass es zunächst nur ein einjähriges Gastspiel
bleibt, denn aus 21 Spielen zog man nur dürftige 14 Punkte, was am Ende kaum
reichen dürfte. Dass ausgerechnet der Tabellenführer heute das Heimrecht genießt,
macht die Angelegenheit nicht besser.
Dass Legias Anhang in quasi allen Belangen mit zum Besten gehört, was die
polnische Fanszene zu bieten hat, dürfte jedem, der sich ein wenig mit
Fankultur beschäftigt, bewusst sein. In steter Regelmäßig haut man aufwändige
und aussagestarke Choreos raus und sucht auch auf Feld, Wald und Wiese nach ebenbürtigen
Gegnern.
Wie erhofft wurde auch heute das Spiel mit einer optischen Aktion eingeleitet.
Von oberhalb
des Blockes wurde das Bild eines polnischen Stiernackens herabgelassen, der ein
Bengalo in seiner Hand hält. Das Entzünden des edlen Brennstabs wurde dann
durch etwa 25 Vermummte in einer eigens dafür ausgesparten Lücke dargestellt. Zusätzlich
fackelten Blinker am linken sowie rechten Rand. Der unten am Zaun dargestellte
Satz „Legia podad kazdym" (Legia zeigt es allen) rundet das Ganze passend ab. Starke Aktion und fehlerfrei
durchgeführt, würde ich sagen.
Der folgende Support war dann wohl neben dem Heimspielauftritt von Lech Poznan
der beste, den ich bislang in Polen gesehen und gehört habe. Ausdauernd,
abwechslungsreich, laut und geschlossen. Viel mehr geht eigentlich nicht.
Anders als in vielen anderen Stadien wird auch auf der Geraden mitgezogen und
das komplette Spiel über gestanden. Wenn ich das mit dem trägen Sitzplatzpublikum
bei uns vergleiche…. Auweia.
So fand auch ich mich dabei wieder, irgendwelche Legiaaaaaaa
Warszawaaaaaa-Songs mitzusingen.
Textlich völlig planlos, dafür aber laut - das kann ich generell gut, hehe.
Auch einem Schrotti kann ein Besuch hier nur wärmstens ans Herz gelegt werden.
Hier kann er noch der Mensch sein, der er sich ansonsten nur im Vollsuff zu
sein getraut.
Generell merkt man den Leuten eine hohe Identifikation mit ihrem Club an,
welche mit einem hohen Maß an Leidenschaft gelebt wird. Allein schon
bemerkenswert, dass fest jeder ein Trikot oder zumindest einen Schal seines
Vereines trägt.
Vielleicht
noch erwähnenswert, dass eine größere Anzahl Anhänger von Ado Den Haag anwesend
war, zu denen eine langjährige Freundschaft besteht. Im Netz geisterte irgendwo
die Zahl von 200, ich würde es eher auf 50-60 schätzen.
Dem Anschein nach aber auch zum Großteil keine Kinder von Traurigkeit....
Traurigkeit kam auch im Gästeblock wenn überhaupt zum Ende des Spiels auf, denn
lange Zeit war überhaupt nicht deutlich, dass dort auf dem Platz der
Tabellenerste gegen den Letzten spielt. LKS ging sogar mit 0:1 in Führung und
es schien wirklich so, als möge die Macht mit ihnen sein, denn das
Starwars-Motto, unter welchem die Fahrt vermutlich stand, tatsächlich zum
Ausdruck kommen.
In diesem Zusammenhang wurde zum Beispiel in Hälfte Zwei ein blockgroßer „Darth
Maul“ gezeigt und im oberen Bereich etwas Pyrotechnik eingesetzte. Die
schlichte Bezeichnung als „Street Warriors“ rundete das Gesamtbild an. Stimmungstechnisch
blieb man allerdings hinter seinen Möglichkeiten und auch zum einem „Straßenkampf“
kam es allem Anschein nach dem Spiel nicht mehr.
So
schlenderten alle gelassen und entspannt ihres Weges und ich sah mich mit der
Herausforderung konfrontiert, ohne google maps zurück zum Flughafen zu navigieren,
da mein Handyakku irgendwie platt war. Ging aber dank guter Ausschilderung ganz
gut und da man ja noch in den 90ern das Autofahren erlernte, ist man vermutlich nicht so
hilflos wie irgendwelche Millenium-Kids, die ohne digitale Helfer völlig
hilfslos in die Weichsel fahren.
Am Airport also den Wagen abgegeben, mit Öfis zurück zum
Hotel und noch ein paar Stunden Nachtruhe gegönnt, ehe es um 4:30 Uhr bereits
wieder mit der Bahn heimwärts ging.
Etwas ungewiss, ob und wie Sturmtief Sabine meine Pläne durchkreuzen würde, aber bis Berlin ging sowieso alles reibungslos und ab 10 Uhr wurde der Fern-Bahnverkehr, der am Vorabend gänzlich eingestellt wurde, wieder aufgenommen, sodass ich am später Nachmittag wieder im Emsland einrollte. Man muss auch mal Glück haben.