Allein die Tabellenkonstellation beider Teams versprach einiges an Spannung.
Der 1. FSV Mainz 05 versucht im Jahr eins nach dem Abstieg aus dem Oberhaus
die sofortige Rückkehr in Angriff zu nehmen, was mit dem zweiten Tabellenplatz
momentan recht erfolgreich aussieht. Der 1. FC Kaiserslautern hingegen belegt
mit dem 15. Tabellenplatz einen Abstiegsrang und benötigt somit dringend
Punkte, um nicht zehn Jahre nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft den
Gang in Liga 3 antreten zu müssen.
Zudem ist es so, dass beide Teams aus Rheinland-Pfalz kommen und dadurch von
einem Derby gesprochen werden kann.
Für mich also Grund genug, dem Bruchwegstadion einen Besuch abzustatten.
Dank Mitfahrzentrale konnte mein Ford halbwegs gefüllt und somit die Spritkosten
minimiert werden. Gegen 15 Uhr war man dann auch schon am Ziel und parkte sein
Kfz in Stadionnähe, um zunächst den Bahnhof durch seine Anwesenheit
zu beehren, da bald der Sonderzug aus Kaiserslautern eintreffen sollte.
Auf dem Vorplatz bereits reges Treiben, jede Menge Gästefans und Polizei
anwesend; Mainzer hingegen kaum zu sehen. Um 16:15 traf dann der mit schätzungsweise
1.000 Gästefans gefüllte Sonderzug ein und nachdem alle das Gleis
verlassen hatten formierte man sich zum gemeinsamen Marsch gen Stadion. Die
Polizei verfolgte wieder einmal die Taktik, durch freundliche und lockere Rhetorik
jegliche Aggressionen im Kein zu ersticken und so schallten beispielsweise folgende
Sätze aus dem Lautsprecherwagen.
"Jawoll, super Stimmung!" "Super Fans hier!", sogar ein
lautes "Auswärtssieg, Auswärtssieg" johlte der Cop durchs
Mikro, das Ganze im feinsten pfälzer Dialekt.
Der etwa 20-minütige Marsch zum Stadion verlief dann auch recht gesittet
und ein recht imposanter Lautern-Corteo schlängelte sich durch die Stadt
des Gegners. Nachdem einige Bilder geschossen worden waren, setzte ich mich
ab und ging geradewegs zum Stadion, da die Kartenfrage ja auch noch nicht geklärt
war und das Stadion natürlich ausverkauft meldete.
Das Einzige was man vorfand waren Leute, die einen nach Tickets fragten, nicht
weinige hatten sogar ein "Suche Ticket-Schild" dabei.
Meine anfangs gute Hoffnung war nach einer guten dreiviertelstunde Fragerei
und Sucherei bereits erheblich gesunken und ich hatte mich schon damit abgefunden,
heute nahezu umsonst angereist zu sein, als mich ein älterer Ordner ansprach
und fragte, ob ich noch eine Karte bräuchte. Eine "Begleiterkarte"
wechselte somit für faire 15 Euro den Besitzer und rund zehn Minuten vor
Anpfiff stand ich im Stadion. Komisch, irgendwie hab ich bei solchen Kartensachen
immer Riesenglück, ich wette locker zwei Dutzend Leute blieben ohne Karten
vorm Stadion stehen.
Die Mainzer hatten zu Spielbeginn eine Choreo vorbereitet, die symbolisierte
wie ein Mainzelmännchen den Schriftzug 9zehn100fünf, also das Gründungsjahr
an eine Mauer sprüht, die ganze Aktion wurde zusätzlich durch rotweiße
Fahnen abgerundet. Gelungene Aktion, wie ich finde.
Die Gäste hingegen hatten wohl nichts erlaubt bekommen, zündeten stattdessen
etwas Rauch und interpretierten die Initialen der Ultra Szene Mainz für
sich neu. Ob nun sehr einfallsreich oder nicht, kann ja jeder für sich
selber entscheiden.
Stimmung danach auf beiden Seiten recht passabel, wenn jetzt auch nicht den
Oberhammer. Dem Mainzer Publikum muss man lassen, dass es doch recht begeisterungsfähig
und feierfreudig ist, was dazu führt, dass oftmals von allen Teilen des
Stadions Stimmung ausgeht und es somit recht laut wird. Streckenweise waren
es aber auch ausschließlich die Mainzer Ultras, die um Support bemüht
waren.
Auf dem Platz wurde ebenfalls ein ganz ansprechendes Spiel beider Mannschaften
gezeigt. Mainz ging in der 22. Minute durch Borja in Führung, woraufhin
die Gäste in der 39. durch Reinert ausglichen.
In der zweiten Hälfte waren die Hausherren dann zwar optisch überlegen,
schafften aber nicht, den Ball ins Tor zu befördern, sodass alles nach
einem derbytypischen Remis aussah.
Ein sehenswerter Freistoß direkt in den Winkel durch Soto brachte aber
in der 90. Minute die Entscheidung, was das Heimpublikum gut in Ekstase gerieten
ließ und ihren Verein der 1. Bundesliga ein gutes Stück näher
bringt.
Nach dem Spiel dann alles sehr, sehr ruhig für ein sogenanntes Derby. Die
Gäste wurden zurück zum Bahnhof geleitet und fuhren kurze Zeit später
heim. Das wars dann aber auch. Heim gings auch für mich und nach etwa vier
Stunden Fahrtzeit hatte man wieder heimischen Boden unter den Füßen.