Manchester United FC - Everton FC 3:0
21.11.2009
Old Trafford
Premierleague
Zuschauer: 75.169 (ca. 1.500)

 

 

…… und der Zug wurde am Bahnhof Piccadilly Station, welcher neben Oxford- und Victoria- Station einer der drei Bahnhöfe Manchesters ist, verlassen. Für nochmals 2 Pfund ging es dann mit einer Art Metro innerhalb zehn Minuten zur Haltestelle Trafford, von wo es nur noch wenige Gehminuten zum legendären Old Trafford sind. Auf der Zugangsstraße zum Stadion natürlich schon ein wahnsinniges Gewusel an Menschenmassen, die sich an den zahlreichen Fressbuden und Fanartikelständen tummeln oder auf sonstige Weise Schutz vor dem fiesen Regen suchen. Meinen tollen Schirm hat es mittlerweile auch erwischt, total verbogen der Ding aber zumindest ein bisschen Nässeschutz ergibt sich noch, auch wenns reichlich albern aussieht. Nichtsdestotrotz schnell rein ins Stadion; wir hatten ja Karten für den Gästebereich, also musste man sich noch kurz abtasten lassen, was aber kein Problem darstellte und man sich anschließend durch einen vielleicht 70 Zentimeter breiten Spalt durchs Drehkreuz zwängte. Für schlanke Burschen wie uns schon recht eng, frage mich wie das bei einem 150 kg Menschen aussehen soll. Das Old Trafford macht von außen wie von innen schon gut was her, zumal es von innen noch wesentlich gigantischer wirkt, als wenn man draußen davor steht. Gäste waren so geschätzte 1.500 vor Ort, um ihr Team zu begleiten. Selbiges dümpelt irgendwo im Niemandsland der Tabelle zwischen den Plätzen 11 - 13, während das Team von Alex Ferguson hinter Chelsea auf Platz zwei liegt und versucht, die Meisterschaft auch in dieser Spielzeit zu verteidigen. Stimmungstechnisch hatte ich mir ja recht wenig erwartet, aber das es so schlimm werden würde, hatte ich nicht zu träumen gewagt, auch wenn man sich wortwörtlich im "Theatre of dreams" befand. Vielleicht zwei, drei Mal erklang ein kaum hörbares "United" an meine Ohren, das wars dann aber auch wirklich. Einen wirklichen Stimmungsblock scheint es hier auch nicht zu geben. Wären nicht die Everton-Jungs das ein oder andere Mal ganz gut drauf gewesen, man hätte so manches Mal die Stecknadel fallen hören können. Wirklich ganz traurig; dafür verachte ich die Fans von ManUnited.
Für so etwas gibt es auch keine Ausrede, einfach nur schlecht. Kommen wir also zu den Gästen, die dafür sorgten, dass die Atmosphäre nicht gänzlich der eines Friedhofs glich. Teilweise gutes Volk mitgereist, viel casual-style, schön aggressives Verhalten gegenüber Heimfans und Cops und auch der Pöbelfaktor gen Nachbarblöcke passte, sodass die sinnlos rumstehenden Stewards doch noch eine Aufgabe hatten und als menschliche Mauer zwischen den Fangruppen fungierten. Zudem gabs auch noch ne nette Hauerei mit den Cops zu begutachten. Wollen mal hoffen, dass da nicht im Nachhinein für zwanzig Leute ein lebenslanges Stadionverbot bei rausspringt. Jedenfalls schön zu sehen, dass sich auf der Insel doch noch was tun kann, wenn auch eher im kleinen Stil. Die 22 Akteure auf dem Rasen boten übrigens auch keine Galaveranstaltung, Manu siegte letztendlich mit 3:0 ohne dabei richtig stark gespielt zu haben. Man hatte aber immer das Gefühl, dass sie noch ein, zwei Gänge höher schalten könnten, wenn sie müssten. Schon zehn Minuten vor Abpfiff leerte sich das Stadion merklich, alle total verwöhnt hier. Da wird ein 3:0 gegen einen eher unbedeutenden Gegner als völlig selbstverständlich gesehen und gar nicht erst ans Feiern gedacht. So sehr man auch im Stadion dem Gegner gestenreich aufs Maul hauen wollte, so friedlich ist das Szenario vor den Stadiontoren, als sich beide Fangruppen bunt vermischen und jeder seines Weges geht. Auch so eine Eigenart der Engländer, die in kaum einem sonstigen Land denkbar wäre.
Wir hatten jetzt vor, den ca. 5 km langen Weg zum gebuchten Bed and Breakfast mit einer bei google maps ausgedruckten Karte per pedes zurückzulegen; vorher musste sich aber noch mit einer Portion fettiger Chips mit Wurst gestärkt werden. Der Jan warf seine Wurst nach ein paar Bissen weg, da sie auch recht eklig schmeckte, meine ging schon klar und so trieb der Hunger sie rein. Zu Fuß also vorbei am absoluten Abfahrtschaos (das erklärt auch, warum so viele vor Abpfiff schon raus strömten; wenn man Pech hat steht man hier mal locker ne Stunde rum) und den Weg in Angriff genommen. Klappte ganz gut nur irgendwie wurde der Verkehr um uns herum immer ruhiger und die Leute um uns herum a) immer weniger und b) immer dunkelhäutiger. Ja, war wohl irgendwie ein Stadtteil, der wohl hauptsächlich von Ex-Bewohnern ehemaliger englischer Kolonien bewohnt wurde und das Ganze machte jetzt nicht sooooo den vertrauensvollen Eindruck, zumal wir beide ganz offensichtlich mit Rucksack und Karte als dumme Touris durchgingen. Also immer schön die Gegend im 360 Grad Radius überblicken und jederzeit bereit zur Angriffsabwehr sein.
Ok, ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber man hat sicherlich schon bessere Gegenden gesehen; zudem ging später in der Nacht auch dauernd die Polizeisirene. Kurz vorm Ziel wurde dann noch bei Pakistani (ja, ich glaube der Laden hieß wirklich "Pakistani") der Biervorrat aufgefüllt und der Jan raunte darin auch sogleich (auf deutsch) einen schwarzen Rastamann an, weil dieser sich wüst an ihm vorbeidrängelte, als er die letzte Dosen Heineken aus dem Kühlfach kramte…..Einige Zeit später wurde dann das Nachtlager erreicht, wo auch der Abend mit Tee (ja, wir werden älter) und ein paar Bier ausklingen gelassen wurde. Dazu gabs die Spiele des Tages bis hinab in die vierte englische Liga quasi in Endlosschleife. Am nächsten Tag dann ausgeschlafen und nach einen typischen englischen Frühstück (wenn ich jeden Tag soetwas essen müsste, würde ich mich erschießen) erneut per pedes zum Busbahnhof Shudehill, von wo stündlich ein Bus zum Airport nach Liverpool fährt (7 Pfund, eine Stunde Fahrt).
Am Flughafen dann noch etwas rumgegammelt, ehe es via Amsterdam am Abend wieder nach Meppen ging.
Fazit: England ist nach wie vor zum Großteil Scheiße, Liverpool FC lebt hauptsächlich vom Mythos, ManUnited gehört für mich zu den Top 3 der unbeliebtesten Clubs und dennoch übt Fußball in England immer noch (und fragt mich nicht warum) eine gewisse Faszination auf mich aus, sodass man sich auch in Zukunft vielleicht einmal pro Jahr einen kleinen Besuch dort gönnen wird.