Club Nacional de Football Montevideo - Club de Futbol America 0:0
20.04.2011
Estadio Centenario
Copa Libertadores (Gruppenphase)
Zuschauer: 65.000 (ca. 70)
Heute war Polen offen!!!
Grund? Es sollte am nächsten Tag in die uruguayische
Hauptstadt Montevideo gehen und die Frage nach dem „wie anreisen“ musste noch
geklärt werden. Ursprünglich war ja geplant, den touristisch wertvollsten Weg
mit der Fähre über den Rio de la Plata bis in die alte Kolonialstadt Colonia
zurückzulegen und von dort rund zwei Stunden mit dem Bus in die Hauptstadt zu
fahren. Während eines Besuchs beim Fährunternehmen Buquebus vor ein paar Tagen,
wurde einem diese Illusion aber mehr oder weniger genommen, denn alle Fähren
waren ob des bevorstehenden Osterwochenendes ausgebucht oder nur noch zu
bescheidenen Zeiten verfügbar. Ein Blick auf die Homepage bestätigte dies und
sowieso blickte man durch deren wirres Reservierungssystem nicht durch, dauernd
stürzte die Seite ab und vorher noch verfügbare Fähren waren auf einmal nicht
mehr frei. Unterkünfte zu finden war mindestens genauso schwer und so langsam
ging mir das alles gehörig auf den Sack , da ich keine Lust hatte, bei diesem
geilen Wetter auf der Bude rumzuhocken
und mich mit südamerikanischen nichtfunktionierenden Internetdiensten
auseinanderzusetzten. Von meinem zugegeben unmöglichen Verhalten sichtlich
gereizt, wollten sich die anderen beiden aber nicht geschlagen geben und
schlussendlich fand der Jan bei Expedia.de ein Komplettangebot (Flug und Hotelüberrnachtung)
für 200 Euro je Kopf. War mir natürlich viel zu teuer, fliegen wollte ich auch
nicht so pöbelte ich erstmal alle an, wurde
aber schließlich demokratisch mit 2:1 überstimmt. Nun gut ich gab mich
geschlagen. Der Rest des Tages wurde eher weniger spektakulär angegangen bis,
ja bis der Abend anbrach und man ein neues Restaurant in San Telmo austesten
wollte, an welchem man schon einige Male vorbeigeschlendert war und es einen
ganz netten Eindruck machte. Das ultimative Stück Fleisch war bislang noch
nicht gefunden worden; ein paar Restaurants hatte ich zwar schon getestet und
es hat auch dort jedes Mal zweifelsohne geschmeckt nur die exorbitante
Explosion der Geschmacksnerven ließ noch auf sich warten. Bis zu diesem Abend.
Das Steak war riesig wie eine Schuhsohle, saftig wie
eine Orange und so zart, man hätte es mit dem Finger schneiden können.
Weltklasse!! Dazu Salat, ein großes Glas Wein und am Ende noch einen leckeren
Nachtisch. Alles zusammen unter 20 Euro und man war mehr als satt. Der Jan ließ
es sich ebenfalls gut gehen, denn das einzige Bier, das es im Hause gab, wurde
in einer 1-Liter-Flasche serviert. Für einen Emsländer natürlich kein Problem,
dennoch toppte die Art des Antischens alles bislang kulinarisch erlebte. Der
Kollege Kellner servierte die Flasche so,
wie man für gewöhnlich nur einen guten Schampus serviert. Fein mit
weißen Tuch überhangen wurde das Ding majestätisch am Tisch geöffnet, um es
anschließend in einem mit Eis gefüllten Sektkübel zu stellen. Das weiß noch jemand den Wert des güldenen
Gerstensaftes zu schätzen. Ein langer, sehr geiler Abend ging also wieder mal
zu Ende und man verschwand, zurück in der Wohnung, im Bettchen, denn bereits um
4:15 Uhr sollte der Wecker schon wieder klingeln.
Völlig verpeilt, da schlecht geschlafen gings mit
dem Taxi den kurzen Weg zum innerstädtischen Airport Jorge Newberry, wo wenig
später der Flieger abhob und ehe man richtig saß auch schon wieder landete. Ca.
35 Minuten dauerte der Flug, einmal über den Rio de la Plata und schon setzt
man wieder zum Landeanflug über die uruguayische Hauptstadt an. Hier kurz
Bargeld geschafft und wenig später in den Bus, der ins Zentrum fährt. Preislich
liegt die ca. halbstündige Fahrt bei gut 30 Uruguay Peso, was so ca. einem Euro
entspricht. Zwar soll das Preisniveau im Uru-Land ca. 20-30 % über dem von
Argentinien liegen aber dennoch fiel es nicht merklich auf, da immer noch alles
recht günstig. Während der Busfahrt fungierte der Jan nebenbei als Cityguide
und verfolgte die gefahrene Route im Stadtplan, denn das Estadio Centenario
liegt lt. Karte direkt an dieser soeben befahrenen Hauptstraße auf Höhe eines
Parks. Dieser wurde auch zugleich mit den Flutlichmasten gesichtet und nix wie
raus aus dem Bus, denn lt. Internet sollte der Vorverkauf heute von 10:00
-18:00 Uhr stattfinden und es war wahrscheinlich, dass man heute Abend „sold
out“ melden würde.
Halbe Runde ums Stadion gedreht und eine kleine Luke
verriet: Hier gibt’s Karten. Um die gewünschten Sitze zu erhalten, musste
zunächst ein Mitarbeiter herzitiert werden, der des Englischen halbwegs mächtig
war und dem ich mein Begehr verständlich machen konnte. Der Opi war recht
erstaunt und erfreut darüber, dass drei Deutsche sich hierher verirrt hatten
und es entwickelte sich ein kleiner Plausch über Fußball und Land und Leute.
Sein Herz schlägt für irgend nen unbekannten Verein, der Job bei Nacional sei
für ihn nur zum Geldverdienen…. Na dann wollen wir deinen Job mal sichern und
drei Tickets für je 300 Peso (also ca. 10 Euro) kaufen. Fairer Preis , hätte
gerade bei Copa Libertadores mit mehr gerechnet. Das also geklärt ging es die letzten Kilometer
mit dem Taxi ins Holiday-Inn, wo uns für die kommende Nacht ein kleines aber
feines Zimmer bereit stand. Hier so zwei Stunden mal entspannt, da es draußen
dummerweise regnete und eh noch Zeit blieb. Irgendwann lockerte dann wie
erwartet der Himmel auf und man schlenderte ein wenig durch Montevideos
Zentrum, um mit 3:0 Stimmen zu dem Fazit zu kommen: Montevideo muss man nicht
gesehen haben. Zwar verfügt man über eine recht lange Strandpromenade, an der
man es an schönen Tagen sicher gut aushalten kann aber da es ja hier auf der
Südhalbkugel langsam in den Herbst geht, war hier heute rein gar nix los. Dazu
lag auch noch allerlei Unrat im Wasser und andere Leute waren auch kaum zu
sehen. Also hier bald mal gelangweilt weg, um festzustellen, dass die
Haupteinkaufsstraße (sofern man überhaupt davon sprechen kann) auch nix kann.
Also an nem Kiosk paar Bier gekauft, um mit diesen noch einige Zeit auf dem
Hotelzimmer zu verbringen, ehe es dann so langsam gen Stadion gehen konnte
(21:50 h ist doch auch mal ne nette Anstoßzeit, oder?). Der Taxifahrer gab uns
noch zu verstehen, dass wir auf unsere Wertsachen (sehen wir aus als hätten wir
Wertsachen?) aufpassen sollen und vor
allem, dass er für Nacional nix übrig habe und dem ersten Club der Stadt,
Penarol, die Daumen drücke. Alles klar,
Chef. Hau rein, ne?
Rund ums Stadion ein wahnsinniges Gewusel, aus allen
Ecken strömen die Menschenmassen zu den Einlässen. Immer wieder ertönen Gesänge
aus der Masse und hier und da wird etwas Pyrotechnik verwendet. Man spürt
schnell, dass es heute ein großes Ding werden wird. Nach mehrmaligem Nachfragen
ist dann auch der richtige Eingang gefunden und man verschafft sich erste
Orientierung. Was für ein geiles Gefühl, was für eine geile Atmosphäre, was für
ein geiles Stadion. Wirkt irgendwie total riesig (ist es ja auch) und dann
allein diese Sitze aus Beton im „Unterrang“, der diesen Namen noch verdient
hat, denn man sitzt maximal auf Grasnarbenhöhe. Ein Traum. In den gewaltigen
Kurven drehen die Fans bereits jetzt durch und sehnen den Anpfiff herbei. Als
dann die beiden Teams den Rasen betreten, erlebt man das größte Pyroinferno,
das man bislang bewundern durfte, denn etliche Hundert Bengalos erleuchten das
Stadion, dazu Silvesterraketen und anderer Hokuspokus. Keiner stört sich daran,
keiner wird verletzt. Da müsste man die Herren Sicherheitsbeauftragten vom SVM
samt der ganzen schmierigen Pressemeute mal auf Bildungsreise hinschicken…..
Mehr Sorge bereiten dabei die Fans, die so abgehen,
dass sie mal eben im Zehnerpack vom zweiten in den ersten Rang fallen. Aber
auch hier sah es wohl dramatischer aus als es war. Auch gesanglich wars großes
Kino. „Mi buen amigo“ aus tausend Kehlen gesungen hört sich einfach fantastisch
an. Spielerisch war es hingegen, wie alle zuvor gesehenen Spiele in Buenos
Aires, auch hier übelstes Gebolze. Uns das soll die südamerikanische Champions
League sein? Aber egal. 80 % der Zeit waren die Blicke eh auf die Ränge
gerichtet, denn supporttechnisch zogen beide Kurven inklusive der Halbzeitpause
ein sehr berauschendes Programm durch. Ja, beide Kurven voll mit verrückten Nacionalanhängern;
die vielleicht 70 mitgereisten Anhänger des Gastes aus Mexico sind im oberen
Rang am Rande der Haupttribüne untergebracht und machen sich kaum akustisch
bemerkbar. Optisch hingegen gibt’s etwas gelben Rauch und so….
Leider bleibt Nacional ein Tor bzw. ein Sieg
vergönnt, auch wenn das Publikum den Ball gerade in der Schlussviertelstunde förmlich
ins Tor schreien will. Hätte es geklappt, das Stadion wäre wohl förmlich
explodiert. Aber der Punkt ist zu wenig, Fluminense (Brasilien) und eben der
heutige Gast CF America setzen sich in der Gruppenphase durch und schaffen
den Sprung ins Achtelfinale.
Nach diesem vollends lohnenden Spielbesuch gings im
selben Gewusel wie vor Spielbeginn raus aus dem Stadion und zunächst zu Fuß
Richtung Hotel, ehe irgendwann ein Bus bestiegen wurde, der die letzten
Kilometer fuhr. Zurück auf dem Zimmer ein finales Bier und gute Nacht.
Am nächsten Morgen also wieder der Rückflug in unser
geliebtes Buenos Aires. Ja, wirklich. Gerade mal einen Tag weg und man hat schon
„Heimweh“ nach Buenos Aires, nach San Telmo, dem Kopfsteinpflasterstraßen, der
Gelassenheit, den Gerüchen und Geräuschen der Stadt.
Nach ereignisloser Rückreise war man also wieder da
und es sollten zwei fußballfreie Tage anstehen. Viel los war auf den Plätzen an
diesem Gründonnerstag und Karfreitag eh nicht, auch wenn in den unteren Ligen
durchaus was machbar gewesen wäre. Aber nee, Kultur darf nicht zu kurz kommen.
Also mit dem Zug vom Bahnhof Retiro gen Norden in Richtung Vorstadt Tigre.
Praktischerweise liegt auf dieser Strecke die Haltestation Nunez und dort liegt
praktischerweise zehn Fußminuten entfernt das Stadion von River Plate, welches
praktischerweise übermorgen ein Heimspiel hat und uns ein Blick auf die
Homepage einige Tage zuvor verriet, dass heute praktischerweise von 10-18 Uhr
Tickets verkauft werden. Also mal fix drei Einlassberechtigungen auf Höhe der
Mittellinie zu je 150 Peso erstanden und weiter mit der Bahn, Endstation Tigre.
Hier erinnert so gar nichts mehr an Buenos Aires, mehr glaubt man irgendwie in
Missisippi zu sein. Architektur im Kolonialstil und Ausflugsdampfer, die durch
die weitverzweigte Deltalandschaft tuckern. Also mal rauf auf so ein Ding und
ne Stunde lang durch die Sumpflandschaft getuckert, sehr schön, um mal etwas
die Seele baumeln zu lassen. Kann man
durchaus mal machen, die Fahrt kostet auch nur knappe sechs Euro umgerechnet.
Irgendwann dann wieder mit der Bahn zurück zum Retiro und von dort aus weiter
nach San Telmo. Obacht ist allerdings zu geben, wenn man mit dem Zug wieder am
Retiro ankommt und sein Zugticket nicht mehr dabei hat. Denn manchmal stehen
hier Kontrolleure, die eben dieses mal kurz sehen wollen. So auch heute aber
ich armer Wicht hatte meins natürlich schon irgendwo entsorgt. Da kannte die
obergewichtige Ordnungshüterin kein Erbarmen und ich wurde gnadenlos zur Kasse
gebeten. 10 Peso Strafe!!! Schon süß, denn es entspricht ca. 1,60 Euro….
Am Abend wieder fein gespeist und einen Haken an diesen erneut schönen Tag gemacht.