02.10.2020
Stadion Vogelgesang
Regionalliga Nordost
Welches Reiseziel ist wohl zum 30-jährigen Jahrestag der
deutschen Wiedervereinigung naheliegender als die „neuen“ Bundesländer? Keines,
zumal ja derzeit eh halb Europa zum Risikogebiet erklärt ist und man so bei
Rückkehr erstmal schön in Quarantäne wandert. Hat natürlich keiner Bock drauf und
daher ging’s geradewegs ins Risikogebiet, hehe.
Das RKI hatte kurze Zeit zuvor die drei Berliner Bezirke
Kreuzberg, Friedrichshain und Mitte aufgrund stark steigender Fallzahlen zu
Risikogebieten erklärt, ja und dreimal darf man raten, wo sich meine bessere
Hälfte und ich für drei Nächte einquartiert hatten. Natürlich in Berlin-Mitte,
wo sonst?
Aber lassen wir mal die Kirche im Dorf, für nächtliche
Ausflüge in irgendwelche Clubs (sofern die denn geöffnet wären) sind wir
ohnehin zu alt und vermutlich eh nicht hip genug, denn statt lässig mit einen
Cafe Chai Latte in der Hand auf dem Elektroroller durch Prenzlauer Berg zu cruisen,
fahre ich mit einem Korn in der Hand lieber Trecker.
Und sowieso fühlt man sich in der tiefsten brandenburgischen
Provinz, genauer genommen in Rathenow, eh wohler als in der
Möchtegern-Weltmetropole Berlin, denn hier ist der Asi noch unter sich.
Hier liegt mal schön der Hund begraben, respektive fast der
Fuchs, denn selbiges Tier überfuhr ich um Haaresbreite auf unserem Weg zum Ziel
und die jahrzehntelang die lokale Wirtschaft prägende Optik-Industrie spielt
heute hier kaum mehr eine Rolle. Immerhin
wird mit wenigen Mitteln sportlich recht viel gemacht und seit gut zwei Jahren solider
Regionalliga-Fußball geboten, wenngleich man auch diese Saison eher gegen den
Abstieg spielt als höheren Zielen entgegen zu blicken, zumal in der Regio
Nordost ja mittlerweile wirklich namhafte Gegner anzutreffen sind, die sich
sicherlich zu höherem berufen fühlen bzw. an erfolgreichere Vergangenheiten
anknüpfen wollen.
Jedenfalls verfügt der 1991 aus der damaligen BSG Motor Rathenow
entstandene Heimverein über eine ganz nette Anlage, welche zwar nur über düstere
und schlecht erhaltene Waldwege erreicht werden kann, jedoch als reines
Fußballstadion daherkommt und neben gewöhnlichen Stehtraversen mit drei kleinen
Überdachungen, die leicht an Bushaltestellen erinnern, punkten kann. Eine
richtige aktive Heimszene ist dann allerdings kaum vorhanden, sieht man mal von
einem knappen Dutzend Trikotträger*innen ab, die gelegentlich mal was rufen und
zumindest einen größeren Schwenker dabei haben, der jedoch die meiste Zeit in
Passivität verharrt.
Positiver überrascht waren wir dann davon, dass sich doch tatsächlich ein paar Herthaner aus dem rund 80 km entfernten Berlin im Gästeblock eingefunden hatten, von denen etwa 20 mehr oder minder konstant das Nachwuchsteam vom „Big-City-Club“ akustisch unterstützten. Sehr junges Klientel, dafür mit Megafon… Aber passte schon, erwartet hatte ich gar nix, dass es dann der wohl erste aktive „Mob“ seit März war, erfreute das Herz. Dazu Flutlicht, eine sehr wohlschmeckende Bratwurst und für die Jahreszeit recht milde Temperaturen – da kann man insgesamt nicht meckern und durchaus mal so ins Wochenende starten. Nur ein Tor hätte irgendwie gerne fallen dürfen, aber so trennten sich beide Teams torlos, was auf Heimseite doch eher glücklich war und das Publikum mehr zufrieden als enttäuscht nach Hause gehen ließ, ehe wir noch die gute Stunde nach Berlin abspulten, bevor auch hier der Tag sein Ende fand.