FSV Optik Rathenow – Hertha BSC II   0:0

02.10.2020

Stadion Vogelgesang

Regionalliga Nordost

Zuschauer: 514 (ca. 50 Gäste)


Welches Reiseziel ist wohl zum 30-jährigen Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung naheliegender als die „neuen“ Bundesländer? Keines, zumal ja derzeit eh halb Europa zum Risikogebiet erklärt ist und man so bei Rückkehr erstmal schön in Quarantäne wandert. Hat natürlich keiner Bock drauf und daher ging’s geradewegs ins Risikogebiet, hehe.

Das RKI hatte kurze Zeit zuvor die drei Berliner Bezirke Kreuzberg, Friedrichshain und Mitte aufgrund stark steigender Fallzahlen zu Risikogebieten erklärt, ja und dreimal darf man raten, wo sich meine bessere Hälfte und ich für drei Nächte einquartiert hatten. Natürlich in Berlin-Mitte, wo sonst?

Aber lassen wir mal die Kirche im Dorf, für nächtliche Ausflüge in irgendwelche Clubs (sofern die denn geöffnet wären) sind wir ohnehin zu alt und vermutlich eh nicht hip genug, denn statt lässig mit einen Cafe Chai Latte in der Hand auf dem Elektroroller durch Prenzlauer Berg zu cruisen, fahre ich mit einem Korn in der Hand lieber Trecker.

Und sowieso fühlt man sich in der tiefsten brandenburgischen Provinz, genauer genommen in Rathenow, eh wohler als in der Möchtegern-Weltmetropole Berlin, denn hier ist der Asi noch unter sich.

Hier liegt mal schön der Hund begraben, respektive fast der Fuchs, denn selbiges Tier überfuhr ich um Haaresbreite auf unserem Weg zum Ziel und die jahrzehntelang die lokale Wirtschaft prägende Optik-Industrie spielt heute hier kaum mehr eine Rolle.  Immerhin wird mit wenigen Mitteln sportlich recht viel gemacht und seit gut zwei Jahren solider Regionalliga-Fußball geboten, wenngleich man auch diese Saison eher gegen den Abstieg spielt als höheren Zielen entgegen zu blicken, zumal in der Regio Nordost ja mittlerweile wirklich namhafte Gegner anzutreffen sind, die sich sicherlich zu höherem berufen fühlen bzw. an erfolgreichere Vergangenheiten anknüpfen wollen.

Jedenfalls verfügt der 1991 aus der damaligen BSG Motor Rathenow entstandene Heimverein über eine ganz nette Anlage, welche zwar nur über düstere und schlecht erhaltene Waldwege erreicht werden kann, jedoch als reines Fußballstadion daherkommt und neben gewöhnlichen Stehtraversen mit drei kleinen Überdachungen, die leicht an Bushaltestellen erinnern, punkten kann. Eine richtige aktive Heimszene ist dann allerdings kaum vorhanden, sieht man mal von einem knappen Dutzend Trikotträger*innen ab, die gelegentlich mal was rufen und zumindest einen größeren Schwenker dabei haben, der jedoch die meiste Zeit in Passivität verharrt.  

Positiver überrascht waren wir dann davon, dass sich doch tatsächlich ein paar Herthaner aus dem rund 80 km entfernten Berlin im Gästeblock eingefunden hatten, von denen etwa 20 mehr oder minder konstant das Nachwuchsteam vom „Big-City-Club“ akustisch unterstützten. Sehr junges Klientel, dafür mit Megafon… Aber passte schon, erwartet hatte ich gar nix, dass es dann der wohl erste aktive „Mob“ seit März war, erfreute das Herz. Dazu Flutlicht, eine sehr wohlschmeckende Bratwurst und für die Jahreszeit recht milde Temperaturen – da kann man insgesamt nicht meckern und durchaus mal so ins Wochenende starten.  Nur ein Tor hätte irgendwie gerne fallen dürfen, aber so trennten sich beide Teams torlos, was auf Heimseite doch eher glücklich war und das Publikum mehr zufrieden als enttäuscht nach Hause gehen ließ, ehe wir noch die gute Stunde nach Berlin abspulten, bevor auch hier der Tag sein Ende fand.