First
Amateur Division
Gemeentelijk Parkstadion Boom
Zuschauer: Ca. 400 (ca. 30 Gäste)
Verrückte
Zeiten, in denen wir uns bewegen.
Das Corona-Virus dominiert unseren Alltag und durchkreuzt natürlich auch so
manche Planung des Fußballfreundes.
So brechen zum Beispiel bei mir jetzt nacheinander die geplanten Spiele der
nächsten Wochen weg, darunter das Berlin-Derby am (ursprünglich) kommenden
Samstag, auf das ich mit einer gehörigen Portion Vorfreude blickte.
Bei allem
Verständnis für die Maßnahmen der zuständigen Behörden, so ist das alles
natürlich akut nervig.
Hinzu kommt, dass bei unseren niederländischen Nachbarn das Virus scheinbar
schon große Teile des Gehirns weggefressen hat, denn wie sonst ist es zu
erklären, dass dort demnächst ein flächendeckendes Tempolimit von 100km/h
eingeführt wird?
Zumindest
tagsüber soll es ab dem 16. März vorbei sein mit der „Raserei“.
Dabei bin ich durchaus kein Gegner eines 130 km/h-Limits, welches in
Deutschland ja immer wieder mal diskutiert wird, aber 100 ist dann schon n
bisschen sehr fragwürdig und ein weiterer Schritt in der Einschränkung
persönlicher Freiheit und Bevormundung freier Bürger.
So rollen wir also wohl vorerst ein letztes Mal in meinem Rennford mit
akzeptabler Geschwindigkeit über niederländischen Asphalt, um das im Speckgürtel
Antwerpens gelegene Städtchen Boom (18.000 Einwohner) zu erreichen, welches
Freunden elektronischer Musik sicherlich vom dort stattfindenden
Tomorrowland-Festival ein Begriff sein dürfte.
Wir, das sind neben meiner Wenigkeit am Steuer, Gerrit, Blaubacke und Gubbel.
Obwohl ich auch letzteren schon ne ganze Zeit kenne, war es heute Premiere in
Hinblick auf gemeinsame Fahrten außerhalb des SVM and der Neuling zeigte sich
zunächst verwirrt über die sehr sinnlosen Dialoge ohne jeglichen
Informationsgehalt und äußerst flachen Gags im Auto, ehe man sich allmählich aklimatisierte.
Aber wer glaubt, er könne sich bequem in meinem Wagen ausruhen und sich
gemütlich nach Belgien kutschieren lassen, irrt.
Wird allein schon durch abrupte Sinnlos-Bremsmanöver jeglicher Versuch des
gemütlichen Nickerchens konsequent unterbunden, so wird der Beifahrer - von mir
auch wertschätzend als „Co-Pilot“ bezeichnet- mit allerlei Arbeitsaufträgen
betraut.
Gerrit hatte heute die Ehre und musste als erste Tagesaufgabe irgendeine sinnfreue
Onlineregistrierung für mein Auto tätigen. Ohne diese darf man nämlich nicht in
die Umweltzonen der Städte Antwerpen und Brüssel fahren. Ich war eigentlich der
(falschen) Annahme, dass der Bumms nur für Brüssel nötig sei und wäre Gerrit
nicht an Bord gewesen, so wäre ich vermutlich als nicht registrierte Umweltsau
munter durch Antwerpens City gedüst.
Der Belgier versteht da wenig Spaß und droht mit Bußgeldern zwischen 150-300
Euro. Offenbar kann man die Registrierung aber auch bis max. 24 Stunden später
nachholen, was ja der Sinnlosigkeit die Krone aufsetzt.
Kurios dabei ist natürlich, dass wir nur zum Spielbesuch nicht mal in
irgendwelche Umweltzonen gemusst hätten, sondern einzig und allein der
traditionelle Besuch einer belgischen Frituur ursächlich war. So erfüllten
Gerrit und Gubbel den Auftrag, online nach einer Frituur zu suchen, die a) auf
dem Weg liegt und b) mittags schon geöffnet hat, zu meiner großen Zufriedenheit
und werden im Herzen Antwerpens fündig.
Guter Laden, da kann man nicht meckern; ordentlich große Portionen und guter
Kaloriengehalt. Um ehrlich zu sein, habe ich danach den ganzen Tag nichts mehr
gegessen, so satt war ich.
Nun aber los, der Anstoß um 15 Uhr wird bestimmt nicht nach hinten verlegt, nur
weil vier verfressene Deutsche zu lange Pommes in sich hineinstopften.
Und natürlich wurde es mal wieder knapp. Aber wir wären nicht geil, wenn wir
nicht geil wären und so enterten wir um exakt 14:58 Uhr den Ground. Leider
konnten wir nicht mehr in Erfahrung bringen, ob bei Rupel Boom vor dem Spiel
Vengaboys „Boom, Boom, Boom, I want you in my room...“ gespielt wird, ich
glaube aber nicht.
In jedem Fall ist das hier aber ein weiteres Exemplar aus der Serie „Belgiens
Stadionperlen“. Star des Ganzen ist die geile Haupttribüne, die ordentlich
steil ist und in deren Bauch sich die einladende Stadiongastronomie befindet
und Möglichkeit bietet -sofern man einen Sitzplatz direkt am Fenster
ergattert- sich hier im Warmen und Trockenen schön das ein oder andere Gezapfte
zu löten und dabei das Spiel zu verfolgen.
Die gammligen Stehränge hinter den Toren sowie die kleine überdachte Tribüne
auf der Gegenseite runden den grandiosen Gesamteindruck ab. Freiluftfreunde
haben überdies die Möglichkeit in einem eigens dafür zurechtgemauerten Bereich
unter freiem Himmel zu pissen und mit einer eulenartigen knapp 90-Grad -Drehung
des Kopfes das Spiel gleichzeitig zu verfolgen.
Wirklich sensationell.
Dabei war das Spiel so, wie man es in der dritten Liga Belgiens so erwartet.
Mäßiges Niveau und kampfbetont, sodass beide Seiten am Ende mit einem Spieler
weniger und einem gerechten 1:1 vom Platz gingen. War ja auch fast so zu
erwarten, denn beide Teams sind punktgleiche Tabellennachbar aus dem trostlosen
Mittelfeld-Niemandsland dieser Spielklasse. Angefeuert werden indes beide
Mannschaften mehr oder minder von je einer etwa zwei Dutzend umfassenden
Fangruppe. Natürlich nix Weltbewegendes und eher unter der Kategorie
„Dulliesupport“ einzuordnen.
Vor allen im
Heimblock malträtiert man ohne jegliches Taktgefühl eine große Trommel (während
man zeitgleich auf dieser sitzt) und irgendein Kauz quäkt was ins Megafon.
Aber natürlich auch hier gilt: Respekt für jeden einzelnen, der die Farben
seines Clubs Woche für Woche im Stadion repräsentiert, völlig egal in welcher
Liga.
Ja, je tiefer,
desto mehr Respekt!
Nach dem Abpfiff verließen wir recht zügig das Stadion, um den gut dreistündigen
Heimweg anzutreten
Hätten wir gewusst, dass dies der letzte Kick für eine vermutlich längere Zeit
ist, wir hätten vermutlich noch ein wenig mit dem stillen Blick auf Rasen und
Ränge verharrt, gleichsam um sich von einem guten Freund zu verabschieden, der
auf ungewisse Zeit in ein anderes Land auswandert.
Schwere Zeiten stehen uns Fußballliebhabern bevor und zumindest bei mir machen
sich die Entzugserscheinungen bereits bemerkbar.
Aber auch
diese Krise werden wir meistern (was bleibt uns anderes übrig?) und ich sehne
bereits jetzt den Kick in ein paar Wochen oder Monaten herbei, der mit den
wärmenden Sonnenstrahlen im Gesicht unter tosendem Applaus der vielen ausgehungerten
Menschen, die so lange entbehren mussten, angepfiffen wird.
Es wird ein
großartiger Moment sein, Freunde!
Haltet durch und bleibt gesund!
Wir lesen uns....