WKS Slask Wroclaw – Legia Warszawa SA 1:0
11.09.2021
Stadion Miejeski w Wroclawiu
Ekstraklasa
Nach kurzem Stopp an der Tankstelle und im Supermarkt
(Taschentücher für Blaubacke und paar Kannen Pivo für mich) ging es die knapp 2
Stunden südliche Richtung gen Wroclaw, oder eben Breslau, wie es der deutsche
Heinz ja noch gerne nennt. Dem sparsamen Fußballtouristen sei dabei das
Ibis-Hotel direkt am Stadion empfohlen, welches mit 34 Euro je Doppelzimmer
noch einen halbwegs akzeptablen Kurs aufruft. Ansonsten war ich überrascht, wie
doch eher hochpreisig der Hotelmarkt im Zentrum der Stadt angelegt ist. Aber
klar; Wroclaws „Stare Miasto“ lockt seit jeher die Touris und so machen auch
hier Angebot und Nachfrage den Preis. Aus Faulheit und letztlich auch zu wenig
Zeit verzichteten Blaubacke und ich auf einen Abstecher in die Altstadt (wobei
man erst später erfuhr, dass hier ein feines Bier-Festival stattfand) und
schlenderten stattdessen zu Fuß in einen Laden in Laufweite. Leichter Anflug
von Hipster-Alarm, denn der junge Pole lungert hier bei Cocktails in
Loungemöbeln auf der Außenterrasse, anstatt die Machete schwingend durch die
Blockis zu schleichen, aber wir wollen hier ja nicht Stammgast werden, sondern
uns zur Stärkung ne Pizza einwerfen. Zufällig kommt man ins Gespräch mit drei Hoppern aus der Szene des FC Bayern und
nascht mit denen bei ein wenig Talk ein paar Pivo und eben die Pizzen.
Trotz fragwürdiger Vereinsauswahl waren die Jungs (naja, zwei
von denen waren schon Ü50) ganz sympathisch und nicht so Selbstdarsteller wie
viele andere mit diesem Hobby. Als dann das Glas geleert und die Pizza im Magen
war, der eine von denen lautstark die süße Servicemaus fragte, ob man Underberg
im Angebot führe (Do you have Underberg? Underberg like Jägermeister, you
know?) war es auch für uns zwei an der Zeit in Richtung Stadion aufzubrechen.
Im 5er-Mob den Weg anzutreten, wollten wir ohnehin vermeiden, denn so wenig
auffallen wie möglich ist die Devise.
Zwar fällt dies hier nicht schwer, denn natürlich ist das
Publikum bei solch „großen“ Clubs wie Slask kaum ein anderes als das, welches
man in der deutschen Bundesliga so antrifft, aber man muss es ja nicht
provozieren. Unsere Tickets hatten wir uns vorab online über die Webseite des
Vereins fein zum Ausdrucken für etwa 11 Euro gekauft, am Eingang erfolgte ein
Abgleich mit dem Perso und dem somit personalisiertem Ticket. Corona
interessiert ansonsten keine Sau, mit einer Maske wirkt man eher als Exot.
Herrlich, so viel Normalität.
Das Stadion reiht sich jetzt nicht unbedingt in meinen
persönlichen Reigen der „Top-Stadien“, sondern kommt eher als moderne Arena
daher. Im Jahre 2011 erbaut ist dies die Heimstätte des WKS Slask Wroclaw und
dient weiterhin zur Durchführung einiger anderer Events. Grundsätzlich für das
Fanpotential Slasks (seit dem achtstündigen Fanszene-Polen-Podcast vom Mirko
wissen wir ja alle, dass man Slask eben nicht „Slask“ ausspricht, sondern eher
„Slonsk“) ziemlich überdimensioniert.
Nichtsdestotrotz wirkt sich dieser „Neubau“ förderlich auf
die Akustik und somit auch auf die Stimmung aus. Der aktive Kern der Heimszene
(unterstützt von Lechia Gdansk und Motor Lublin) umfasst schwer zu schätzende 2.000-2.500
Leute und lässt es, angetrieben von drei Trommlern und zwei fanatischen
Vorsängern ein ums andere Mal mächtig laut werden. Das Ganze natürlich
polentypisch wenig melodiös, sondern eher stakkatoartig brachial. Trotzdem immer
wieder geil.
Im größten Gästesektor der polnischen Stadionlandschaft
tummeln sich zu Spielbeginn offiziell 946 Gäste aus der Hauptstadt, welche zum
Großteil mit einem Sonderzug angereist sind. Die Nachfrage nach Tickets war
dabei offenbar noch stärker, aber die Polizei und irgendwelche
pseudo-Coronabeschränkungen machten einen prall gefüllten Gästesektor heute
unmöglich. Auch eine vorbereitete Choreo wurde kurzfristig verboten, weswegen
der gesamte Gästemob den Sektor nach 10 Minuten verließ, um den Protest gegen
die Maßnahmen der Policija mittels eines Banners auch optisch zum Ausdruck zu
bringen, um kurze Zeit später den Block wieder zu füllen. Sehr beachtlich aber
auch hier wieder, wie geschlossen die Szene heute Abend agierte. Während du in
Deutschland kaum eine Chance hast, dass bei knapp 1.000 Gästen alle zu 100%
mitziehen, und vermutlich am Ende mindestens 50% dumm im Block stehen bleiben, zieht
hier jeder mit. Naja, die 946 Tickets werden wohl vorab an die richtigen 946
gegangen sein.
Kleiner Wehrmutstropfen am Ende dann vielleicht, dass somit
auf besondere optische Aktionen wie Pyroshows oder eine Choreo verzichtet
werden musste, aber wir sind hier ja auch nicht bei „Wünsch dir was“.
Spielerisch war es jedoch auch alles andere als Fußball in Formvollendung, denn
beide Mannschaften stolperten sich mächtig einen zurecht und neutralisierten
sich spätestens an der jeweiligen Strafraumgrenzen. Hätte Slask nicht doch noch
durch Viktor Garcia in der 84. Minuten den Ball irgendwie über die Linie
gedrückt, das zweite 0:0 des Tages hätte zu Buche gestanden.
So jedenfalls bleibt Slask Wroclaw Spitzenreiter Lech Poznan
im Nacken, während der Meister aus der Hauptstadt mit lediglich sechs Punkten
aus fünf Spielen weiterhin nicht so richtig in die Saison kommt.
Wir schlenderten hingegen nach Abpfiff die wenigen Minuten zurück
ins Hotel, wo recht zeitig den Strapazen des Tages Tribut gezollt wurde, sodass
man bei noch weit nach Spielende zu vernehmenden Böllerdetonationen und
Polizeisirenen in einen sich zu einem Tiefschlaf entwickelnden Dämmerschlaf
fiel.
Gute Heimfahrt, Lads from Warszawa.