WKS Slask Wroclaw – Legia Warszawa SA  1:0

11.09.2021

Stadion Miejeski w Wroclawiu

Ekstraklasa

Zuschauer: 21.997 (946 Gäste)


Nach kurzem Stopp an der Tankstelle und im Supermarkt (Taschentücher für Blaubacke und paar Kannen Pivo für mich) ging es die knapp 2 Stunden südliche Richtung gen Wroclaw, oder eben Breslau, wie es der deutsche Heinz ja noch gerne nennt. Dem sparsamen Fußballtouristen sei dabei das Ibis-Hotel direkt am Stadion empfohlen, welches mit 34 Euro je Doppelzimmer noch einen halbwegs akzeptablen Kurs aufruft. Ansonsten war ich überrascht, wie doch eher hochpreisig der Hotelmarkt im Zentrum der Stadt angelegt ist. Aber klar; Wroclaws „Stare Miasto“ lockt seit jeher die Touris und so machen auch hier Angebot und Nachfrage den Preis. Aus Faulheit und letztlich auch zu wenig Zeit verzichteten Blaubacke und ich auf einen Abstecher in die Altstadt (wobei man erst später erfuhr, dass hier ein feines Bier-Festival stattfand) und schlenderten stattdessen zu Fuß in einen Laden in Laufweite. Leichter Anflug von Hipster-Alarm, denn der junge Pole lungert hier bei Cocktails in Loungemöbeln auf der Außenterrasse, anstatt die Machete schwingend durch die Blockis zu schleichen, aber wir wollen hier ja nicht Stammgast werden, sondern uns zur Stärkung ne Pizza einwerfen. Zufällig kommt man ins Gespräch mit  drei Hoppern aus der Szene des FC Bayern und nascht mit denen bei ein wenig Talk ein paar Pivo und eben die Pizzen.

Trotz fragwürdiger Vereinsauswahl waren die Jungs (naja, zwei von denen waren schon Ü50) ganz sympathisch und nicht so Selbstdarsteller wie viele andere mit diesem Hobby. Als dann das Glas geleert und die Pizza im Magen war, der eine von denen lautstark die süße Servicemaus fragte, ob man Underberg im Angebot führe (Do you have Underberg? Underberg like Jägermeister, you know?) war es auch für uns zwei an der Zeit in Richtung Stadion aufzubrechen. Im 5er-Mob den Weg anzutreten, wollten wir ohnehin vermeiden, denn so wenig auffallen wie möglich ist die Devise.

Zwar fällt dies hier nicht schwer, denn natürlich ist das Publikum bei solch „großen“ Clubs wie Slask kaum ein anderes als das, welches man in der deutschen Bundesliga so antrifft, aber man muss es ja nicht provozieren. Unsere Tickets hatten wir uns vorab online über die Webseite des Vereins fein zum Ausdrucken für etwa 11 Euro gekauft, am Eingang erfolgte ein Abgleich mit dem Perso und dem somit personalisiertem Ticket. Corona interessiert ansonsten keine Sau, mit einer Maske wirkt man eher als Exot. Herrlich, so viel Normalität.

Das Stadion reiht sich jetzt nicht unbedingt in meinen persönlichen Reigen der „Top-Stadien“, sondern kommt eher als moderne Arena daher. Im Jahre 2011 erbaut ist dies die Heimstätte des WKS Slask Wroclaw und dient weiterhin zur Durchführung einiger anderer Events. Grundsätzlich für das Fanpotential Slasks (seit dem achtstündigen Fanszene-Polen-Podcast vom Mirko wissen wir ja alle, dass man Slask eben nicht „Slask“ ausspricht, sondern eher „Slonsk“) ziemlich überdimensioniert.

Nichtsdestotrotz wirkt sich dieser „Neubau“ förderlich auf die Akustik und somit auch auf die Stimmung aus. Der aktive Kern der Heimszene (unterstützt von Lechia Gdansk und Motor Lublin) umfasst schwer zu schätzende 2.000-2.500 Leute und lässt es, angetrieben von drei Trommlern und zwei fanatischen Vorsängern ein ums andere Mal mächtig laut werden. Das Ganze natürlich polentypisch wenig melodiös, sondern eher stakkatoartig brachial. Trotzdem immer wieder geil.

Im größten Gästesektor der polnischen Stadionlandschaft tummeln sich zu Spielbeginn offiziell 946 Gäste aus der Hauptstadt, welche zum Großteil mit einem Sonderzug angereist sind. Die Nachfrage nach Tickets war dabei offenbar noch stärker, aber die Polizei und irgendwelche pseudo-Coronabeschränkungen machten einen prall gefüllten Gästesektor heute unmöglich. Auch eine vorbereitete Choreo wurde kurzfristig verboten, weswegen der gesamte Gästemob den Sektor nach 10 Minuten verließ, um den Protest gegen die Maßnahmen der Policija mittels eines Banners auch optisch zum Ausdruck zu bringen, um kurze Zeit später den Block wieder zu füllen. Sehr beachtlich aber auch hier wieder, wie geschlossen die Szene heute Abend agierte. Während du in Deutschland kaum eine Chance hast, dass bei knapp 1.000 Gästen alle zu 100% mitziehen, und vermutlich am Ende mindestens 50% dumm im Block stehen bleiben, zieht hier jeder mit. Naja, die 946 Tickets werden wohl vorab an die richtigen 946 gegangen sein.

Kleiner Wehrmutstropfen am Ende dann vielleicht, dass somit auf besondere optische Aktionen wie Pyroshows oder eine Choreo verzichtet werden musste, aber wir sind hier ja auch nicht bei „Wünsch dir was“. Spielerisch war es jedoch auch alles andere als Fußball in Formvollendung, denn beide Mannschaften stolperten sich mächtig einen zurecht und neutralisierten sich spätestens an der jeweiligen Strafraumgrenzen. Hätte Slask nicht doch noch durch Viktor Garcia in der 84. Minuten den Ball irgendwie über die Linie gedrückt, das zweite 0:0 des Tages hätte zu Buche gestanden.

So jedenfalls bleibt Slask Wroclaw Spitzenreiter Lech Poznan im Nacken, während der Meister aus der Hauptstadt mit lediglich sechs Punkten aus fünf Spielen weiterhin nicht so richtig in die Saison kommt.

Wir schlenderten hingegen nach Abpfiff die wenigen Minuten zurück ins Hotel, wo recht zeitig den Strapazen des Tages Tribut gezollt wurde, sodass man bei noch weit nach Spielende zu vernehmenden Böllerdetonationen und Polizeisirenen in einen sich zu einem Tiefschlaf entwickelnden Dämmerschlaf fiel.

Gute Heimfahrt, Lads from Warszawa.