SV Spakenburg – PSV Eindhoven 1:2
04.04.2023
Sportpark De
Westmaat (Spakenburg)
KNVB Beker
Halbfinale
Zuschauer: 6.438 (ca. 250 Gäste)
Der Ortsteil
Spakenburg in der westniederländischen Gemeinde Bunschoten ist für gewöhnlich
ein kleines niedliches und friedliches Fleckchen Erde, an dem man es typisch
niederländisch gelassen angehen lässt.
Einige Schiffe
liegen im kleinen Hafen, bereit für ihre Ausfahrt auf das Ijsselmeer, die
Architektur ist geprägt durch typisch niederländischen Baustil; viele kleine Fischerhäuschen
und einige Prachtbauten im Jugendstil. Zwei Fischer sitzen gemütlich an Deck
ihres kleinen Kutters und halten ein Pläuschen, eine Möwe sitzt gelangweilt am
Kai, ein paar Enten watscheln neugierig inzwischen den Passanten umher und fast
macht es den Anschein, als ob niemand arbeiten müsste und stattdessen den
Frühlingstag in einem der zahlreichen Cafes im Ortskern genießt.
Doch zwei, drei
Mal pro Jahr gerät der Ort in ungewohnte Aufruhr und jeder Einwohner muss sich
entscheiden. Rot oder Blau? Ijsselmeervogel oder Blauwer, denn dann kommt es
zum Spakenburg-Derby, dem wohl bekanntesten Amateur- und Ortsderby der
Niederlande.
Mit der
heutigen Partie allerdings wurde die örtliche Idylle aber in einem ganz
besonderen Maße gebrochen, denn der SV Spakenburg hatte es doch tatsächlich ins
Halbfinale des Landespokals geschafft und auf dem beeindruckenden Weg dorthin
bereits klassenhöhere Clubs aus Groningen und Utrecht aus dem Cupwettbewerb
geworfen.
Heute dann also
Halbfinale, zu welchem kein geringerer als der PSV Eindhoven gastierte. Das
Örtchen natürlich in heller Aufruhr ob dieses historischen Ereignisses. In
vielen Vorgärten hängen Vereinsfahnen, Groß und Klein, Männlein und Weiblein,
alle tragen stolz die Farben ihrer blauweißen Helden und fiebern dem Anstoß und
20 Uhr entgegen. Auch ich stromere seit einiger Zeit durchs kleine Zentrum und
ums Stadionareal, in dem die beiden Stadien der Lokalrivalen quasi direkt
aneinander grenzen. Vielleicht komme ich irgendwann mal wieder zum Lokalderby
her, dann aber zu einem Heimspiel der „Roten“, denn deren Ground sah durchaus
nett aus.
Heute aber
natürlich erstmal ein Besuch bei den Blauen, welche den heimischen Ground durch
ein paar mobile Tribünen hinsichtlich der Maximalkapazität noch etwas optimiert haben und heute jeder,
aber wirklich auch jeder, dabei sein wollte. Aber natürlich geil, dass man es
schafft, den Kick zuhause auszutragen. Hier in Deutschland hätte man vermutlich
wieder in ein fremdes Stadion ausweichen müssen, weil irgendein Sicherheitsbeauftragter
Paranoia schiebt.
Da ist der
Niederländer ja grundsätzlich wesentlich entspannter.
Um es kurz zu
machen, heute wurde es voll, sehr voll sogar. Irgendwann Platze die Hütte aus
allen Nähten, die Leute standen ebenerdig in 5er-Reihen und auch ich konnte
trotz meiner knapp 1,90 Meter nicht optimal aus Spielfeld blicken. Und was hier
los war. Der gesamte Dorfjugendmob war am Start und besohlte sich hier
einigermaßen gut. Die Landjugend-Dorfschönheiten hatten sich allesamt bestens
in Schale geworfen, waren ganz euphorisch ob dieses „Events“, auch wenn Fußball
sicherlich eher nicht die Hauptrolle spielte und das ganze eher
Schützenfestcharakter hatte.
Kurz vor
Anpfiff rollte dann sogar noch ein Trecker mitten aus Spielfeld, auf dessen
Anhänger wahre Boxentürme erwuchsen aus denen die völlig überdrehten
Einheizambitionen eines hyperaktiven Typen in ohrenbetäubender Lautstärke
ertönten. Schlager abwechselnd mit irgendeinem Techno-Mist. Nicht nur, dass der
Trecker mir die freie Sicht auf die kleine Choreo zu Spielbeginn nahm, ehe er
endlich wegfuhr, nein ein gehöriger Teil der Anwesenden war schon bei Anpfiff
so betrunken, dass ich zunehmend genervt war, weil mir ständig jemand was ins
Ohr brüllte oder auf die Füße trat. Zu
Anpfiff dann erneut laute Mukke, Luftschlangen, Fähnchen, Feuerwerk, Böller,
der gesamte Werkzeugkasten des niederländischen Stadionklamauks inklusive
massenweise Partyvolk führten bei mir zu einer seltsamen Mischung aus Faszination
und Genervtheit.
Und überhaupt;
was bringt denn einer teurer Zwirn aus dem Hause Stone Island oder C.P. Company
wenn der Dress nach kurzer Zeit komplett mit Bier besudelt oder mit Ketchup und
Majo beschmiert ist? Ist das noch gepflegt-arroganz (.ch) oder eher
ungepflegt-asozial(.nl)?
Stimmungstechnisch
war es dann eher durchschnittlich, wirklich koordiniert scheint der Support
nicht zu sein, aber das hatte ich auch irgendwie nicht erwartet. Die etwa 250
Gäste hingegen agierten da schon etwas „erwachsener“ auch wenn aufgrund der
großen Distanz zwischen mir und Gästebereich kaum akustisch was durchdrang.
Die Sensation,
also ein erneuter Pokalsieg, der dann die Finalteilnahme gegen Ajax Amsterdam
bedeutet hätte, bleib heute aber leider aus, wenngleich Spakenburg erneut dem
Gegner einiges abverlangte und man es zum Schluss hin durch den
1:2-Anschlusstreffer dann nochmal unverhofft spannend machte. So aber kommt es
dann am 30. April im Stadion Feyenoord zum Endspiel zwischen Ajax und dem PSV
bzw. zu „De Topper“ wie die Partie zwischen beiden Teams offenbar genannt wird.
Der Heimanhang feierte natürlich dennoch seine Pokalhelden nach Abpfiff gebührend, denn diese Pokalreise ist sicherlich nicht alltäglich. Zeitdruck war auch fehl am Platze, denn bevor man das Stadion verlassen konnte, musste zunächst die Abreise der 5 Reisebusse der Gäste abgewartet werden. So verzögerte sich auch meine Abreise unerwartet um eine halbe Stunde nach hinten, ehe ich zwei Stunden später und somit eine halbe Stunde nach Mitternacht wieder im heimischen Bett lag.