17.07.2022
Hasteinvöllur
Urvalsdeilid
Zuschauer: ca. 400 (ca. 20 Gäste)
Am Freitag wurde dann am Airport der Leihwagen, ein kleiner
Hyundai i10-Hobel, in Empfang genommen und sogleich die neu gewonnene Mobilität
genutzt, um Teile der Insel zu entdecken.
Theoretisch ist es möglich die Insel einmal komplett zu
umrunden. Die einspurig ausgebaute „Ring-Road“ (A1) führt einmal auf einer
Strecke von 1.382 Kilometern um die Insel herum.
Manch Verrückter mag diese Strecke in einer Woche geschafft
haben, jedem, der nicht wie ein wahnsinniger durchs Land hetzen will, sei aber
ein Minimum von 10 Tagen, besser aber noch 14 Tagen empfohlen.
Denn – und das kann man einfach mal so sagen; das Land mit
seinen lediglich knapp 370.000 Einwohnern, wovon etwa die Hälfte in der
Hauptstadt lebt, das Land mit seinen 470.000 Schafen, das Land, in dem pro Quadratkilometer
3,5 Einwohner kommen (im Vergleich Deutschland: 233 Einwohner/km2), das Land,
in dem es 130 aktive/inaktive Vulkane gibt, in dem es aufgrund der Lage an zwei
Kontinentalplatten zu durchschnittlich 45 Erdbeben pro Tag (davon die
allermeisten aber offenbar nicht spürbar) kommt, in dem die Einheimischen gerne
Schafskopf und Ochsenhoden essen und über 50% der Energie aus geothermalen
Quellen stammt, das Land, im dem über 80% an Elfen glaubt und es sogar einen
staatlichen Elfenbeauftragten gibt, das Land mit der niedrigsten
Kriminalitätsrate der Welt ist von so atemberaubender Schönheit, dass kein Bild
und kein Wort es auch nur annährend ausdrücken könnte.
Noch nie, auch nicht in Südafrika, Asien oder sonst wo habe
ich auf vergleichsweise so kleiner Fläche solche eine faszinierend schöne Natur
gesehen und nicht wenige Male wurde ich von meiner Frau ermahnt, bei Autofahren
den Blick doch bitte, bitte wieder zurück auf die Fahrbahn zu richten. Die
Landschaft ist abwechslungsreich; karge, durch erkaltete Lava geschaffene
Mondlandschaften werden von saftigen Wiesen abgelöst, auf denen glückliche
Schafe oder Islandpferde grasen, am Ende bleibt der Blick an massiven und
saftig grünen Gebirgsmassiven kleben, von denen nicht selten ein oder mehrere
Wasserfälle ins Tal stürzen. Hinter der nächsten Kurve fällt der Blick dann auf
schneebedeckte Berggipfel und unweigerlich kommen einem epische Szenen aus
„Game of Thrones“ oder „Herr der Ringe“ in den Kopf. UN! FASS! BAR!!
Beim Schreiben dieser Zeilen möchte ich beinahe vor Ehrfurcht
weinen und sofort zurückkehren. Naja, fast.
Statt also die Insel zu umrunden, fahren wir direkt nach
Abholung des Mietwagens den sog. „Golden Circle“ ab. Hierbei handelt es sich
quasi um eine von Reykjavik gut zu erreichende und etwa 300 Kilometer lange Ringroute,
an der ein Großteil an Sehenswürdigkeiten liegt, wie zum Beispiel der Geysir,
der Gullfoss-Wasserfall oder der Kerið-Vulkankrater.
Natürlich sind gerade in den Sommermonaten sehr viele
Touristen auf der Insel, wovon die Krone der Nervigkeit diejenigen aus den USA
(zumeist laut und rücksichtslos) und die Chinesen (rücksichtslos) verliehen
bekommen. Bewegt man sich aber abseits der klassischen Touristenpfade, wird es
schnell erträglicher und stellenweise hatten wir die Landschaft komplett für
uns alleine.
Ja, und da viele Menschen grundsätzlich schnell anstrengend
werden, ging‘s am Folgetag auf die Insel. Zugegeben war hier erneut der Fußball
der Grund der Anreise, denn den wunderschönen Ground des Íþróttabandalag
Vestmannaeyja (kurz ÍBV) war seit langem fest auf meiner To-Do-Liste verankert.
Von Reykjavik aus sind es knappe 2 Autostunden zum
Fähranleger in Landeyjahöfn
im Süden Islands. Von dort geht es mit der Autofähre in ca. 40 Minuten rüber zu
der Inselgruppe, welche aus 14 Inseln besteht, wovon aber nur die Insel Heimaey
bewohnt ist. Die „Westmännerinseln“ sind vulkanischen Ursprungs und die Erde
„lebt“ hier weiterhin sehr aktiv und irgendwo schwingt bei all der isländischen
Gelassenheit die Furcht vor einem Ausbruch mit, selbst wenn das letzte folgenschwere
Ereignis schon knapp 50 Jahre zurück liegt.
Über Heimaey, die einzige ständig bewohnte Insel der
Westmänner, brach das Unglück in der Nacht vom 22. auf den 23. Januar 1973
herein. Ohne Vorankündigung öffnete sich nur einige hundert Meter vom Stadtzentrum
entfernt eine fast 2km lange Eruptionsspalte mit mehrere Kratern und riss die
rund 5000 Einwohner der Insel aus dem Schlaf. Wegen des schlechten Wetters lag
in dieser Nacht praktisch die gesamte Fischereiflotte von Heimaey im Hafen.
Diesem Umstand ist es wohl zu verdanken, dass die Insel innerhalb weniger
Stunden evakuiert werden konnte und niemand ernsthaft zu Schaden kam. Der
Ausbruch konzentrierte sich im Laufe der Zeit auf den mittleren Bereich der
Spalte und nach und nach baute sich der neue Vulkan Eldfell (Feuerberg) auf.
Einige hundert Menschen blieben auf der Insel zurück, um zu retten, was zu
retten war. Insbesondere befürchtete man, dass ein Lavastrom die lebenswichtige
Hafeneinfahrt verschütten könnte. Mit leistungsfähigen Pumpen und kilometerlangen
Rohrleitungen wurden mehr als 6 Millionen Tonnen Meerwasser auf den Lavastrom
gepumpt, um ihn abzukühlen. Das Unternehmen gelang tatsächlich und der
Lavastrom konnte rechtzeitig gestoppt werden. Heute bietet der neu entstandene
Lavawall und der Eldfell dem Hafen und der Stadt zusätzlichen Schutz bei
Stürmen. Während des Ausbruchs auf Heimaey flossen über 230 Millionen
Kubikmeter Lava aus, rund 400 Häuser der Stadt wurden von den Lavamassen
begraben. Obwohl der Ausbruch noch anhielt, waren bis Ende 1973 bereits wieder
mehr als 2000 Menschen auf ihre Insel zurückgekehrt und begannen damit, die
über 2m hohen Ascheablagerungen aus der Stadt zu schaffen. In der Umgebung der
Westmännerinseln und auf den Inseln selbst muss immer wieder mit Vulkanausbrüchen
gerechnet werden. Die Inselgruppe liegt genau auf dem Mittelatlantischen Rücken
in der aktiven Vulkanzone, die sich mit der Katla und der Hekla nach Norden
fortsetzt.
So, nun aber genug mit diesem kleinen Exkurs in die Welt der
Wissenschaft, schließlich ist dies hier eine Seite für Fußballasis statt für
Vulkanologen.
Gemütlich schlenderten wir nach Bezug des Zimmers im
Lava-Guesthouse, welches uns für eine Nacht Asyl bieten sollte, rüber zum
geilen „Hasteinsvöllur“-Ground. Wobei, der Ground an sich ist eher unspektakulär
und erhält erst durch die megageile Gebirgswand, die sich majestätisch hinter
der kleinen Gegentribüne erhebt, das Prädikat „sehr sehenswert“. Am Eingang
steht ein junges Mädchen und kassiert 2.000 Kronen (ca. 15 Euro) Einlassgebühr
pro Person per Kartenlesegerät. Mit Bargeld würde man hier allenfalls
mitleidige und irritierte Blicke erhalten. Eine Eintrittskarte oder ähnliches
war leider Fehlanzeige. Sparfüchse könnten versuchen, vor Anwesenheit der Dame
vor Ort zu sein oder wahlweise von der Straße von außerhalb das Spiel zu
verfolgen, was aber natürlich den Ground nicht „zählbar“ macht. Alternativ
könnte man einen Augenblick der Unachtsamkeit nutzen und von irgendwo abseits
flink den Zaun zum Areal überwinden.
Das durchaus sehenswerte Spiel mit dem Verlauf
1:0
2:0
2:1
2:2
3:2
wurde größtenteils bei bestem Sommerwetter (das bedeutet auf
Island zwar Sonne, aber wohlwollend 20 Grad) im Gras liegend verfolgt, ehe man
nach Abpfiff mit kleinen Umwegen entlang der schroffen Felsküste zurück ins
Guesthouse schlenderte und am nächsten Nachmittag die Insel wieder verließ.
Die restlichen zwei Tage wurde noch etwas Sightseeing betrieben, ehe es am Mittwoch ohne Probleme im Reiseablauf wieder Heim ging. Top-Trip!
Island-Landschaft