West Ham United FC – Swansea City AFC 1:0

30.09.2017

Premier League

Olympia Stadium London

Zuschauer: 56.922 (ca. 400 Gäste)

 

Die Nacht war wieder einmal kurz, denn um 6 Uhr klingelte der Wecker und eine gute Stunde später lungerten wir am Airport herum.

Irgendwie kam mir dabei so der Gedanke, dass der Airport Amsterdam sich mehr und mehr zu meinen Favorit-Airport mausert. In diesem Jahr schon der vierte Abflug von hier und mit Sicherheit nicht der letzte.

Aber klar, nur zwei Autostunden von Meppen entfernt und grundsätzlich auch per Zug ganz gut zu erreichen.

Nur nach einem passenden Platz zum kostenlosen Parken suche ich nach Jahren verzweifelt. Wer Tipps hat, gerne her damit.

Ansonsten würde nach knapp einstündigem Flug auch schon in London-Luton aufgesetzt. Um ins Zentrum zu kommen, gibt’s grundsätzlich mehrere Möglichkeiten. Wer ein bisschen Zeit mitbringt, der bucht aber vielleicht am besten im Voraus via easybus.com einen Platz in den sehr regelmäßig verkehrenden Bussen zwischen Airport und Stadtzentrum.

Mit ein wenig Glück gibt’s das Ticket für 1 Pfund, normalerweise sind aber Beträge so zwischen 5 und 10 Pfund abzudrücken bzw. auf der Kreditkarte zu belasten.

Mit gut halbstündiger Verspätung fuhr dann auch unser Bus los aus welchem wir nach einer Stunde Fahrt an der Baker Street entschwanden.

Hier dann noch ein Einzelticket für den Underground erstanden, wobei das hier ja alles totale Scheiße war.

Jans Kreditkarte funktionierte schon am Airport Luton nicht, der Automat hier nahm Scheine irgendwie nicht an und wechseln konnte er auch nicht. Ging dann irgendwie irgendwann zwar doch, aber trotzdem total nervig.

Außerdem alles voller Menschen, total wuselig - für mich als bekennender Misanthrop ist das natürlich nix. Geht alle weg!!!

Naja, nachdem in Hackney noch ein, zwei Outlets erfolglos abgegrast wurden, ging’s von hier Richtung Olympiagelände, auf welchem ja bekanntermaßen 2012 die olympischen Spiele ausgetragen wurden.

Die Gegend hier ist eigentlich ganz cool. Eine ungewöhnliche Mischung aus moderner Architektur und abgeranzter Klinkerbau-Industriefassade. Alles mit bunten Graffitis zugeknallt und innen mit ein paar coolen Bars und Kneipen ausgestattet, in denen sich die Fußballfans die Pitcher reihenweise an die Tische holten. Das Howling Hops zum Beispiel wurde von uns beäugt und als gut bewertet. Verschiedene Biersorten werden hier aus großen Tanks gezapft und die Burger sind auch ganz großartig.

 

Aber genug davon, ab ins Stadion, welches nach dem schmerzhaften Abriss des sehr geilen Boleyn-Ground auf  unbestimmte Zeit die Heimat der Hammers ist.

Das alles kann hier natürlich nicht mit dem vorherigen Standort im Londoner Eastend, an dem West Ham mehr als 100 Jahre seine Heimat hatte, mithalten. Kein leicht assiges Flair, keine indisch/pakistanischen Einzelhändler, keine Green Street, kein traditioneller britischer Pub und nicht mal ein Cass Pennant, der hier seine Hoolromane verkauft. Ja, hier ist wirklich ein gewaltiges Stück Fußballgeschichte abhanden gekommen mit dem Umzug in die neue Heimat im Stadtteil Stratford.

Ist halt irgendwie typisch ein Olympiastadion mit seiner ovalen Schüsselform und gefällt mir trotz aller Wehmut dann doch besser als erwartet. Mit mobilen Tribünen vor den ursprünglichen Rängen wird die nervige Aschebahn retuschiert und im Zuge der Herrichtung für West Hams Heimspiele hat man auch die Sitzschalen in Vereinsfarben gehalten. Das macht es alles ein wenig erträglich, auch wenn die folgenden 105 Minuten in diesem weiten 60.000er Oval kaum Begeisterung hervorrufen wollen.

Das zum Einlaufen der Teams eingespielte und dann vom gesamten Publikum weiter gesungene für West Ham so charakteristische „Forever blowin‘ bubbles“ kommt noch sehr geil rüber, aber Jan konnte es kaum treffender formulieren als er mit einem „Ich glaube, das war dann für heute auch der Stimmungshöhepunkt“ die Situation messerscharf analysierte und mit einem „Boah, ist das langweilig“ in der 10. Minute prognostizierte, dass das hier heute keine kurzweilige Partie werden sollte.

Und ich konnte ihm leider kaum wiedersprechen. Zwar war ich nicht kurz davor, einzupennen, aber stimmungstechnisch und auch spielerisch war das hier heute ein ganz großer Haufen Scheiße, Ladies and Gentlemen.

Unfassbar. Da sitzen knapp 60.000 Leute auf ihren Sitzen und kriegen einfach ihr Maul nicht auf. Ich möchte fast sagen, es war mein mit Abstand stimmungsärmstes Spiel auf der Insel und obwohl ich prinzipiell nichts erwartet habe, war ich trotzdem enttäuscht, gerade weil auch spielerisch übelster Rumpelfußball gezeigt wurde und dies somit wohl in Wechselwirkung zur Stimmung stand. West Ham schaffte es einzig und allein in der sage und schreibe 90. Minute einen Angriff gescheit zu Ende zu spielen, was dann das einzige Tor des Tages bedeutete. Der West Ham-Lad, der beim Pissen neben Jan stand konnte den ganzen Hafer hier mit seinem „Rubbish, Ruuuuuuubish“ kaum treffender formulieren.

Und dann die ganzen Begleitumstände. Nichtraucherstadion, kein Alkohol auf den Tribünen und dazu wird der Zuschauer über Einblendungen dazu ermutigt, jeden unverzüglich via SMS oder Anruf anzuscheißen, der durch „antisocial behaviour“ sich nicht stadionkonform verhält. Wobei jedem klar sein sollte, dass mit „antisocial behaviour“ nicht das Kotzen oder Scheissen auf den Sitz des Vordermannes gemeint ist, sondern alleine eine zu derbe Ausdrucksweise zum Rausschmiss reichen kann. Unfassbar!

In solchen Momenten merke ich wieder, wie gut ich es bei meinem SVM doch einfach habe. Mein alkoholhaltiges Bier wird mir von jungen Damen an den Platz gebracht, ich kann saufen so viel ich will, ich könnte rauchen (wenn ich Raucher wäre) und ich kann mich weitgehend asozial benehmen, wie ich es so möchte. Typen wie Schrotti oder auch Jan, die bei vermeintlichen Schiedsrichterfehlentscheidungen ja immer völlig ausrasten, hätten wohl in der gesamten Premier League lebenslang ein Stadionverbot…

Ach ja, auch müßig zu erwähnen, dass ich Mühe hatte, die Gästefans überhaupt als solche zu lokalisieren. Ebenfalls stimmungstechnisch Fehlanzeige und auch optisch kaum auszumachen. Setzen sechs! Dann kann man ja auch ganz zuhause bleiben!

Der Leser mag sich jetzt vielleicht sogar ein wenig zu Recht fragen, warum man überhaupt herkommt, wenn man eigentlich vorher schon weiß, dass alles weitgehend scheiße ist.

Naja, sooooo ganz mies ist es dann auch wieder nicht.

Ich finde London als Stadt irgendwie ganz cool und bin gerne mal hier. Was auch heute beim Fußball wieder geil war, war die Tatsache, dass ein Großteil der Stadionbesucher im besten Casual-Outtfit rumläuft. Gängige Marken wie Stone Island, CP Company oder auch Aquascutum bilden die Uniform des britischen Stadiongängers und geben dem Ganzen das spezielle Englandfeeling, während in Deutschland ein nicht geringer Teil der Stadiongänger auch im Jahre 2017 das Ganze mit Karneval, einem Ballermannurlaub oder einer albernen Mottoparty verwechselt.

Und weil Fußball in England nach wie vor ein schwer zu beschreibendes Flair hat, werde ich wiederkommen. Vielleicht nicht mehr zu West Ham (ganz sicher nicht!!) ins Olympiastadion, aber die Möglichkeiten sind ja trotzdessen einfach schier unausschöpflich.

 

Ach ja, nach dem Spiel dann via Underground und Bahn zurück zum Airport Luton, Rückflug überpünktlich und problemlos, sodass man   hundemüde gegen 1:30 Uhr in der Nacht wieder im heimischen Bett lag. Cheers!